Potsdam-Mittelmark: Bahnstrecke mit Bolzenschneider lahmgelegt
Bewährungsstrafe für Kupferdieb / „Wir wollten das Kabel einem Altmetallhändler verkaufen“
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Seddiner See – Am 28. November 2008 ging auf der Bahnstrecke zwischen Seddin und Beelitz-Heilstätten vorübergehend gar nichts mehr. Schrott-Diebe hatten mit einem Bolzenschneider etwa 125 Meter Kupferkabel aus der Gleisanlage geschnitten und einen Schaden von 8000 Euro verursacht.
Wegen gemeinschaftlichen Diebstahls und Störung öffentlicher Einrichtungen wurde Andrzej A.* (26) jetzt vom Amtsgericht zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Ins Gefängnis muss der Pole trotzdem. Er hatte eine vom Amtsgericht Nauen gegen ihn verhängte Geldstrafe von 90 Tagessätzen nicht gezahlt und wurde schon gesucht. Noch im Verhandlungssaal klickten die Handschellen – sehr zum Erschrecken des jungen Familienvaters.
Eigentlich sollte Krzsystof K.* neben seinem Kumpel Andrzej A. auf der Anklagebank sitzen. Doch er blieb der Verhandlung unentschuldigt fern. Das Verfahren gegen den mutmaßlichen Mittäter wurde abgetrennt. Zum neuen Termin wird er – wie Andrzej A. zu seinem eigenen Prozess – von der Polizei vorgeführt werden.
„Wollen Sie sich zur Sache äußern?“, fragte Amtsrichter Francois Eckardt den Angeklagten. „Hilft mir das irgendwie?“, fragte Andrzej A. zurück. „Ein Geständnis wirkt auf jeden Fall strafmildernd. Und billiger wird es für Sie auch. Wir brauchen keine Zeugen zu laden, für deren Kosten Sie aufkommen müssen“, stellte der Vorsitzende klar. „Die Anklage stimmt. Wir wollten das Kabel bei einem Altmetallhändler verkaufen“, gestand der arbeitslose Maurer danach freimütig. „Ich hatte gehört, dass man damit etwas verdienen kann. Seit ich in Deutschland bin, also seit dreieinhalb Jahren, habe ich keinen Job bekommen.“
Es sei das erste Mal, dass er „so etwas gemacht hat“, behauptete der Pole. Der Richter wusste es besser. „Sie haben bei der Polizei zugegeben, 2006 schon einmal Kupferkabel geklaut zu haben.“ Andrzej A. kontert: „Nee, nee, so war das nicht. Damals haben mich zwei Leute angesprochen, ob ich mir etwas dazuverdienen möchte. Das Kabel war schon gestohlen. Die Typen haben mir gesagt, wo es liegt. Ich sollte es lediglich verkaufen.“ Das nahm ihm der Vorsitzende nicht ab. „Sie haben das Protokoll unterschrieben“, gab er zu bedenken. Der Angeklagte verdrehte die Augen. „Vielleicht wollten mich die Polizisten nicht richtig verstehen?“, maulte er.
Damit Andrzej A. künftig nicht wieder auf dumme Gedanken kommt, wird ihm während seiner dreijährigen Bewährungszeit ein professioneller Helfer an die Seite gestellt. Nach dessen Weisung muss er binnen eines Jahres 200 Sozialstunden leisten.
Derzeit verbüßt der zahlungsunwillige Pole allerdings erst einmal die dreimonatige Ersatzfreiheitsstrafe. (*Namen geändert.)Hoga
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