Potsdam-Mittelmark: Baumschutzsatzung für Werder gefordert
SPD/Grüne will Stadtbild erhalten. Vor-Ort-Termin für Lindenrettung in Eisenbahnstraße
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Werder (Havel) - Es ist acht Monate her, als sich eine Frau in Werders Stadtverordnetenversammlung über einen besonders üblen Baumfrevel beschwerte: Ein Nachbar in der Straße am Plessower See hatte eine kerngesunde, 100 Jahre alte Eiche niedergemacht. Stadtverordnete kannten ähnliche Beispiele, seit diesem Jahr sind alte Bäume in den Kommunen durch entsprechende Kreis- und Landesgesetze nicht mehr geschützt. Baumfällungen können nur noch in der Vegetationszeit vom 15. März bis 15. September geahndet werden – oder wenn die Kommunen eigene Baumschutzsatzungen aufstellen.
Werders SPD/Grünen-Fraktion will dem Beispiel neun anderer Gemeinden im Landkreis folgen und genau das tun: Für die nächste Stadtverordnetenversammlung wurde eine Baumschutzsatzung beantragt. Demnach sollen Bäume mit einem Stammumfang von über 60 Zentimeter nicht mehr gefällt werden dürfen. Auch „Obstbäume mit besonderem Wert“ sollen geschützt werden. Plantagen und Gärtnereien wären freilich ausgenommen. Begründete Ausnahmen, so sieht es der Satzungsentwurf vor, müssen beim Rathaus beantragt werden: Gegebenenfalls müssen ein bis zwei neue Bäume gepflanzt werden. Bei Verstößen ist eine Strafe von bis zu 10 000 Euro vorgesehen.
Fraktionschefin Anja Spiegel begründete den Antrag mit dem Wunsch, das Stadtbild von Werder zu erhalten. Es sei geprägt von alten Bäumen und Obstbäumen in den Gärten. „Mit der Satzung soll nicht grundsätzlich verboten werden, einen Baum zu fällen. Es geht uns darum, dass nachgepflanzt wird.“ Spiegel findet, dass die Satzung der zwingende Schritt nach dem Grünen Leitbild ist, das die Stadtverordneten im Mai verabschiedet haben. Auch darin ist vom besonderen Schutz für alte Bäume und Obstgehölze die Rede, vor allem im öffentlichen Bereich. „Das Leitbild bindet die Stadtverordneten, aber wenn man das Stadtbild erhalten will, benötigt man mehr“, so Spiegel. Das Eigeninteresse würde zu schnell Oberhand gewinnen, wenn die Entscheidung über einen Baum allein dem Bürger überlassen ist.
Um das Stadtbild geht es auch Bewohnern der Eisenbahnstraße: Für den zweiten Sanierungsabschnitt sollen fast alle alten Linden gefällt werden, insgesamt 74, eine Anwohnerinitiative wehrt sich dagegen. Gesetzlich ist das in diesem Fall durch das Brandenburgische Naturschutzgesetz geregelt. Der Landesbetrieb Straßenwesen als Bauherr kann auf ein Baumschutzgutachten verweisen, wonach die Bäume bereits stark geschädigt sind.
Jetzt hat sich die Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm (Grüne), zugleich Vorsitzende der Alleenschutzgemeinschaft, eingeschaltet. Sie hat sich mit der Frage an die Landesregierung gewandt, ob die Fällungen verzichtbar sind. Auf Empfehlung des Infrastrukturministers Jörg Vogelsänger (SPD) lädt Behm nun zum Gespräch zwischen Landesbetrieb und Anwohnern ein. Auch Vertreter des Rathauses Werder sollen dabei sein. Behm hofft, Transparenz ins Verfahren zu bringen und möglicherweise mehr als die bislang versprochenen vier Linden zu retten. Treffpunkt für den Vor-Ort-Termin ist am heutigen Freitag um 14 Uhr am Reformhaus, Eisenbahnstraße 156. Henry Klix
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