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Potsdam-Mittelmark: Begierde im Wahllokal

Die alte Schule in Güterfelde, die Kammerspiele in Kleinmachnow, das evangelische Diakonissenhaus in Teltow – das Kreuz der Wahl an drei besonderen Orten

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Die alte Schule in Güterfelde, die Kammerspiele in Kleinmachnow, das evangelische Diakonissenhaus in Teltow – das Kreuz der Wahl an drei besonderen Orten Teltow/Stahnsdorf/Kleinmachnow. „Das ist das Zentrum der Macht“, schmunzelt Ulrich Schnell. Im kalten Saal im Erdgeschoss der alten Schule in Güterfelde steht ein Klavier, das schräge Töne von sich gibt. Es hat wohl ausgedient, und ohnehin wird seit Jahrzehnten in den Raum schon auf einer ganz anderen Klaviatur gespielt – der Ortspolitik. Unzählige Beschlüsse über das Wohl und Wehe sind in diesen vier Wänden gefasst. Hier gaben die einstigen Güterfelder Gemeindevertreter das bedeutungsvolle Votum für die Aufgabe der Eigenständigkeit des Ortes und für dessen Eingliederung nach Stahnsdorf. Hier entschied erst vor wenigen Tagen der Ortsbeirat, dass die alte Schule keine Zukunft als Bürgerhaus hat. Hier ging und geht alle Macht von der Volksvertretung aus. In regelmäßigen Abständen hat das Volk selbst die Macht zu bestimmen: Dann wird gespannt geschaut, welche Entscheidung es zur Wahl trifft. Ob Bundes-, oder Landtags- oder Kommunalwahl: „Seit ich hier lebe, ist die Schule Wahllokal“, sagt Schnell. Er ist seit fast 30 Jahren Güterfelder und seitdem auch Wahlhelfer. Er ist überzeugt, dass die alte Schule auch in Zukunft ein „Zentrum der Macht ist“. Ingrid Gleiß hätte es gern gesehen, wenn der Bau in der Potsdamer Straße 16 Güterfeldes Bürgerhaus geworden wäre. Von 1944 bis “52 ist sie hier zu Schule gegangen. „Für viele, die weggegangen sind und zu Besuch kommen, ist die Schule das Zentrum des Ortes“, weiß sie. Sie hätte gern gesagt, dass sie die Schule als Bürgerhaus hätte. „Doch wo soll man mich hören?“ Gestern Vormittag nahm sie ihr Recht zur Mitsprache wahr. Die Debatte und Entscheidung zum Bürgerhaus hat sie dabei nicht beeinflusst. „Da gab es andere Kriterien.“ In Kleinmachnow hat eine Mitfünfzigerin in den Kammerspielen zur gleichen Zeit „schon jemanden gewählt, der für den Erhalt des Hauses ist“. Besonderes aussagekräftig ist das nicht, denn nahezu alle Parteien und Bündnisse haben in ihren Programmen erklärt, die Kulturstätte erhalten zu wollen. Daher habe eine junge Kleinmachnowerin bei ihrem Blick auf die Wahllisten nach dem „Gegensatz zum Gängigen“ geschaut. „Themen, die sowieso wichtig sind, wurden doch zum Wahlkampf missbraucht“, meint sie und zählt „Kinder, Schule, Verkehr“ auf. Für die Kammerspiele, die gestern als Wahllokal 9 firmierten, sei die Entscheidung gefallen, sagt sie. Ab Januar wird der Besitzer des Hauses die Kulturstätte betreiben. Emsige Schwarzweißmaler orakeln, die jetzige Ausstellung im Foyer mit Zeichnungen von Kleinmachnower Gymnasiasten werde für lange Zeit die letzte sein. „Begierde“ ist ihr Titel, der „Tanz der Vampire“ ist die thematische Vorgabe. Unter dem Dach der Kirche wird in Teltow gewählt. Erstmals ist ein Wahllokal auf dem Gelände des evangelischen Diakonissenhauses eingerichtet. Wo wochentags Behinderte in modernen Werkstätten arbeiten, standen gestern drei Wahlkabinen. Horst Lindner ist hier Wahlvorsteher – und zu Hause. 25 Jahre hat er an der Lichterfelder Allee als Reha-Gärtner gearbeitet. Seit der ersten freien Volkskammerwahl 1990 zählt Lindner Kreuze, er hat Stimmen für Bundesparteien ausgewertet, genauso wie die für Teltows Bürgermeister. Gestern waren in dem Wahllokal neben den Bewohnern der Diako-Heime auch 1000 Seehofer zur Wahl aufgerufen. Am verregneten frühen Vormittag hoffte Lindner auf eine hohe Beteiligung. Nicht nur aus demokratischer Überzeugung. Er erhofft sich für das Diakonissen-Gelände auch etwas Wahl-Werbung: „Die meisten Teltower kennen das Areal gar nicht“, bedauert er. pek

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