Potsdam-Mittelmark: Bei Anruf Weihnachtsmann
Studentenwerk vermittelt Rauschebärte / Väterchen Frost im blauen Mantel / Job mit zehn Bescherungen am Abend ist Hochleistungssport
Stand:
Studentenwerk vermittelt Rauschebärte / Väterchen Frost im blauen Mantel / Job mit zehn Bescherungen am Abend ist Hochleistungssport Von Claudia Stäuble und Jeanette Tandel Im Weihnachtsmannbüro des Studentenwerks Berlin stehen alle Zeichen auf Bescherung. Mit lautem Glockengebimmel und „Ho,Ho,Ho“-Rufen läutet Oberweihnachtsmann Jörg Schöpfel die Saison ein. In diesem Jahr feiert die Weihnachtsmann-Vermittlung ein besonderes Jubiläum. Seit 55 Jahren bescheren studentische Mitarbeiter Familien und Kinder. Waren es 1949 noch wenige wohlhabende Familien in Berlin-Zehlendorf, die Heiligabend von einer „Handvoll Kollegen“ beschert wurden, sind es im Jahr 2002 rund 5000, sagt Schöpfel. Weltweit gebe es keine Organisation, die so viele Weihnachtsmänner ins Rennen schicke. Auch im Umland klopfen die weißbärtigen Männer im roten Gewand auf Bestellung an die Tür. Bewerber für das Amt werden vorher gecastet. „Sie müssen vor allem Extrovertiertheit mitbringen und zumindest ein Weihnachtslied singen können“, sagt Schöpfel. Bei einer zweistündigen Schulung werden die zukünftigen Weihnachtsmänner auf den Job vorbereitet. Oberstes Ziel: „Familien und Kinder sollen Spaß haben.“ Deshalb wird auch das Kostüm kontrolliert. Der weiße Rauschebart sollte nicht aus Watte, sondern aus Kunsthaar sein. Schäbige rote Mäntel sind nicht erlaubt, auch keine Jeans und Turnschuhe. „Der einzig wahre Weihnachtsmann“ trägt schwarze Stiefel, sagt Schöpfel. Statt Handy und Armbanduhr hat er einen braunen Jutesack. „Weihnachtsmann und Engel können aber alle Haut- und Haarfarben haben“, fügt Schöpfel hinzu. Über die Nationalität des Weihnachtsmanns ranken sich schließlich auch die unterschiedlichsten Mythen. Schöpfel ist seit zwölf Jahren dabei und seit drei Jahren Oberweihnachtsmann. Obwohl der 37-Jährige sein Studium schon vor längerer Zeit abgeschlossen hat, koordiniert er die Auftragsannahme, Organisation und Tourenplanung der rund 400 studentischen Weihnachtsmänner und 60 Engel. Frauen haben in dieser „patriarchalischen Domäne“ nur mit goldenen Flügeln eine Chance. „Die Kunden wollen Männer“, sagt Schöpfel, der seine Frau bei der Arbeit – er Weihnachtsmann, sie Engel – kennen gelernt hat. Auf ihren Touren lernen die Mitarbeiter die verschiedensten sozialen Milieus kennen und blicken manchmal auch hinter Promi-Fassaden. „Ein bisschen Psychologie gehört zu dem Job auch dazu“, weiß Schöpfel. Familienkrach an Heiligabend sei allerdings eher die Ausnahme. Die Auftragslage in den vergangenen Jahren sei stabil gewesen, sagt Schöpfel. „In diesem Jahr läuft es sehr gut an.“ In der Telefonzentrale gehen jetzt schon viele Bestellungen für Nikoläuse ein. Mieten kann man in diesem Jahr auch Väterchen Frost, der in blauer Kappe und Mantel zu Besuch kommt. „Der Auftritt als Weihnachtsmann ist Hochleistungssport“, erzählt Schöpfel. Heiligabend kämen fleißige Weihnachtsmänner auf bis zu zehn Touren. Unter Bart und Kostüm sei es sehr warm, genau wie in den meisten Wohnzimmern. Draußen warte die eisige Kälte. „Kluge Weihnachtsmänner lassen sich besser keinen Schnaps anbieten, sondern haben ein Flasche Wasser dabei“, fügt er hinzu. Einen besonderen Wunsch hat der Oberweihnachtsmann. Er sucht Kollegen, die möglichst lange oder sogar von Anfang an dabei waren und von ihren Erfahrungen berichten. Dies könnte möglicherweise schwierig werden – beträgt doch das Durchschnittsalter der Männer im roten Mantel beim Studentenwerk 25 Jahre.
Claudia Stäuble, Jeanette Tandel
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: