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KulTOUR: Bei Lichte beleuchtet

Gleich drei Ausstellungen havellänischer Maler wurden am Wochenende eröffnet / Auch das Kossätenhaus in Ferch war zu besichtigen

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Schwielowsee - Eigentlich drehte sich an diesem ereignisreichen, aber total verregneten Sonnabend alles um das alte Kossätenhaus in Ferch, Museumssitz der Havelländischen Malerkolonie von einst in spe. Seine unmittelbaren Nachfolger eröffneten unter dem Motto „landschaft & licht“ bereits am Vormittag im Caputher Gildehaus ihre 10. Verkaufsausstellung in Folge, während der Ort ihres Ursprungs am frühen Nachmittag mit zwei weiteren Expositionen gleichzog; es war ja auch kurios, an den Ortseingang „Malerdorf Ferch" dranzuschreiben, ohne dass man bei einem Rundgang davon etwas wiederfand.

Das Gildehaus nun wartete mit einigen Überraschungen auf, gut genug, über den ästhetisch-weltanschaulichen Unterschied zwischen Entwicklung und Metamorphose bei den elf ausstellenden Künstlern nachzudenken, denn prominente Namen wie Oda Schielicke, Thomas Kahlau oder Olaf Thiede schöpften aus dem Kontinuum der Schwielowsee-Landschaft ganz neue Sichten. Suchte die Erstgenannte noch im letzten Jahr im grellen, ruhlosen Farbenspiel nach innerer Ruhe, so findet man jetzt teils fast fotographische Abbildungen wie die „Kleinen Seestücke“, Still-Leben im Wortsinn mit Lilien und Primeln, welche dieses Ansinnen noch unterstreichen.

Ihr Katzen-Motiv hat Thiede übernommen, indem er deren eine bei Vollmond in ein „Moonfeld“ setzt. Pastell ist seine Stärke geblieben, er konterfeit in verschiedenen Formaten Feldwege, Gehöfte, Dörfer – Heimat, wenn man so will – übertragen: Er ist auf dem Weg. Der Mundmaler Kahlau, schon im vergangenen Jahr interessant, hat offenbar die zentrale Bedeutung des Lichtes in Bildern wie „Flußlichtung“ oder „bei Lichte beleuchtet“ erkannt, helle, sehr lebendige Werke von beinahe magnetischer Kraft. Heinz Körber hingegen bevorzugt strengste Sachlichkeit, wenn er etwa die Stadt Potsdam mit winterkühlen Augen wiedergibt, in anderen Darstellungen scheint sich ein sympathischer Hang zum Naiven herzustellen, sehr interessant. Christian Heinze hat sich Werder zugewandt, teils mit grafischen Effekten inmitten seiner Aquarelle, das wirkt unbedingt modern, Alfred Schmidt darf mit seinen schönen Pastellen weiterhin als der Sanfte unter den Havelländischen Malern Capuths gelten. Er liebt die Kon- traste von Farben und Stimmungen. Bei Anne Gottwald scheint das „impressionistische“ Licht diesmal jedes Motiv zu blenden. Fahl und dunkel dagegen malt Gisela Neuenhahn ihre Bilder von See oder Meer, die düsteren Nebel auf dem Wasser. Günter Ihle fällt mit seinem an expressiven Vorbildern geschultem Stil genauso aus dem Rahmen wie mit seiner Technik: Wo andere sich in Pastell oder Acryl versuchen, malt er auf Bütten in Öl, auch bei ihm finden sich diese seltsamen „Lichtlöcher“ wie bei Kahlau und Neuenhahn. Keramik von Sabine Breithor in Form von kleinen, dekorativen Stelen, Porzellan aus der Firma Adam & Ziege, neben Napoleon und Ludwig II. auch ein gewisser „Herr M.“, welcher kürzlich in München gewaltsam zu Tode kam, indes sein Hund „Daisy“ noch lebt.

In Summa eine erstaunliche Metamorphose der Caputher Künstler, vielleicht wird das eine oder andere Werk seinen Platz im Kossäten-Museum zu Ferch finden, später, in 50 Jahren vielleicht. Die Fercher Heimat-Aktivisten sind derzeit schon heilfroh, dass dieser so zentral gelegene Bau wenigstens in seiner äußeren Form fertig ist. Das Reeddach ist gedeckt, die Fassade gestrichen, nur innen ist alles roh, Sponsoren werden gesucht, damit Ferch im nächsten Jahr ein wahres Schmuckkästchen seiner künstlerischen Ahnen vorweisen kann. Hagemeister, Wacker, Zeller, Schuch oder Gehrke von der älteren Generation, Globisch von der „jüngeren“, kann man schon jetzt in Ferchs neuem Rathaus unter der Rubrik „Alte Meister“ bestaunen. Viel Öl, viel antikelnde Rahmung, angesichts dieser Werkschau kann man kaum noch verstehen, dass diese Malerei einstmals als Alternative zur etablierten Kunst der Akademien galt. Heute sind diese Werke unbestritten historisch, sie gelten im Kunstverständnis als „gesichert“. Sollen sie, zur virtuellen „Malerkolonie“ rund um den Schwielowsee gehören sie allemal.

Entsprechend groß war auch das Interesse, trotz des kalten Dauerregens, zumal rührige Frauenhände allen Freunden dieser Kultur unterm Regendach ein reichhaltiges Buffet mit Kaffee und Kuchen kredenzten. So auch in der Fischerkirche zwei Stunden später, als man mit Ursula Gommert, Suse Ahlgrimm, René Goercke, Manfred Nitsche, Herbert Patzelt, Wilfried Kipping und Uwe Reuter vielleicht etwas früh Ferchs „neue Meister“ in die alte Ahnenreihe empfahl, gleichwohl doch die erst Nachwelt darüber befindet, wie schon zu Hagemeisters Zeit. Der Heimatverein hat diese Sieben erst ins kolonistische Kontinuum gebracht, mal sehen, was daraus wird. Nur war''s bei aller Intimität so voll, dass man kaum an die Bilder der „Neuen“ herankam. Ein einzigartiger Bilder-Marathon, zumal in Ferchs Seniorenresidenz auch noch Ultimo für die große Verkaufsausstellung des Galeristen Velio Bergemann war, welcher Ferch den Titel „Maler- dorf“ erst empfahl. Wer am Wochenende alle vier Ausstellungen sah, dürfte hinsichtlich der drei Malergenerationen eine fast komplette Überschau erhalten haben. Bei Lichte beleuchtet gehört etliches davon ins Kossätenhaus, als bleibendes Stück Heimat, mithin, trotz Konkurrenz zu Caputh, als Identität.

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