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Potsdam-Mittelmark: Beleidigend?

Ein Werderaner Elternvertreter will die städtische Fachbereichsleiterin anzeigen. Die sieht sich und ihre Mitarbeiterin durch eine Mail attackiert – wegen eines Getränkeautomaten

Von Enrico Bellin

Stand:

Werder (Havel) - Darf eine Fachbereichsleiterin die Teilnahme an einer Schulkonferenz verweigern, weil ein Elternvertreter sich womöglich im Ton vergriffen hat? Darf sie eine an sie adressierte Mail einem großen Leserkreis zugänglich machen und darin von Beleidigung sprechen? Diese Frage erhitzt die Gemüter in Werder. Torsten Rabe, ehrenamtlicher Elternvertreter des Ernst-Haeckel-Gymnasiums, will Ende der Woche Strafanzeige gegen Ulrike Paniccia einreichen, die als Fachbereichsleiterin des Werderaner Rathauses für Schulen zuständig ist.

Rabe sprach in einer Mail an eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung von „Arroganz und Impertinenz/Ignoranz gegenüber uns Eltern“ und von einer Unverschämtheit. Paniccia hielt das für „herabwürdigende, beleidigende und unfachliche Äußerungen“, schickte die den PNN vorliegende Mail an alle Mitglieder der Schulkonferenz und erwartete eine offizielle Entschuldigung, sonst würden weder sie noch die betroffene Mitarbeiterin zu weiteren Treffen der Schulkonferenz im Beisein von Rabe erscheinen.

Dabei geht es im Kern um keine große Sache: In der Schulkonferenz, die aus Schülern, Lehrern und Elternvertretern besteht, wurden Angebote für einen Getränkeautomaten diskutiert. „In der Schule gibt es nur eine Cafeteria, der Kaffee dort kostet 1,40 Euro. Deshalb wünschen sich die Schüler einen Getränkeautomaten“, so Rabe gegenüber den PNN. Die Elternvertreter hätten mehrere Angebote für einen Automaten eingeholt und in der Schulkonferenz detailliert mit Preislisten beschrieben, ein Kaffee könnte demnach für die Schüler bereits für 40 bis 60 Cent zu kaufen sein. Ein Anbieter hätte etwa den Automaten kostenlos aufgestellt, wenn er im Gegenzug nur mit seinen Waren befüllt wird. „Die Schüler wollen besonders im Winter morgens einen Kakao oder einen Cappuccino trinken können, in der Cafeteria ist der teure Kaffee das einzige Heißgetränk“, sagt Rabe.

Doch die Mitarbeiterin der Stadt habe die Überlegungen der Eltern als wenig hilfreich und verallgemeinernd bezeichnet und sei auf die konkret vorliegenden Angebote nicht eingegangen. „Das hat uns Eltern aufgeregt“, so Rabe. In einer Mail hat er noch einmal die Vorzüge des Automaten aufgelistet und in einem zweiten Teil, der ausdrücklich nicht als Vertreter der Schulkonferenz, sondern als Vater eines Gymnasiasten geschrieben war, die oben genannten Begriffe benutzt. „Damit habe ich nicht die Mitarbeiterin beleidigt, sondern ihr Verhalten beschrieben“, konkretisiert der Elternvertreter. Dass die Fachbereichsleiterin ihm daraufhin den strafrechtlich relevanten Begriff der Beleidigung unterstellt, will er nicht hinnehmen. Seit Freitag arbeitet sein Anwalt deshalb die Strafanzeige aus. Ob auch eine Unterlassungserklärung folgt, werde ebenfalls geprüft.

„Ob die Begriffe beleidigend waren, müssen nun die Ermittlungsbehörden herausfinden“, sagt Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) den PNN. Zwar hatte Rabe angekündigt, von einer Anzeige abzusehen, wenn Paniccia den Vorwurf der Beleidigung zurücknimmt oder die Bürgermeisterin das Gespräch mit ihm sucht. Dazu sieht Saß derzeit aber keinen Anlass. Sie glaube auch nicht, dass eine Mitarbeiterin sich öffentlich beleidigen lassen müsse. Allerdings werde sie prüfen, ob Paniccias Ankündigung, bei Anwesenheit von Rabe nicht mehr zu Schulkonferenztreffen zu gehen, dienstrechtliche Relevanz hat. „Es ist jedoch legitim, wenn sie der Schulkonferenz nur schriftlich antwortet“, so Saß. Das hatte Paniccia in ihrer Mail angekündigt.

Zum Auslöser des Streits, der Anschaffung des Getränkeautomaten, müsse man Saß zufolge noch weitere Auskünfte haben. Schließlich stelle so ein Automat hygienische Anforderungen, die gewährleistet werden müssten. An der Schule gab es vor Jahren bereits einen Getränkeautomaten, entsprechende Anschlüsse sind deshalb vorhanden.

Evelyn Standke-Enkelmann, die Vorsitzende der Schulkonferenz, sieht die Fragen zum Automaten ebenfalls als geklärt an. „Über das Verhalten der Mitarbeiterin der Stadt kann man sich schon aufregen.“ Auch die Ankündigung der Fachbereichsleiterin, den Sitzungen fernzubleiben, sei „eine Anmaßung.“ Jedoch findet auch Standke-Enkelmann das Verhalten von Torsten Rabe unsachlich. „Er wurde beauftragt, das Unverständnis der Elternvertretung gegenüber der Stadt zusammenzufassen, sollte dabei aber sachlich bleiben.“ Das habe er nicht getan, was in der Elternschaft teilweise auf Verständnis, größtenteils aber auf Ablehnung gestoßen sei. „Das schwierige Verhältnis zwischen Gymnasium und Stadt war gerade dabei, sich zu bessern“, so Standke-Enkelmann. Das Verhalten von Rabe sei daher sehr kontraproduktiv.

Kurz vor den Sommerferien haben die Elternvertreter in Rabes Abwesenheit beschlossen, dass er sie nicht mehr in der Schulkonferenz des Gymnasiums vertreten soll. Er bleibt aber gewählter Elternvertreter.

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