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Neue Rolle. Andreas Dresen trat am Freitag erstmals als Verfassungsrichter auf.

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ORTSTERMIN: Beobachter unter Beobachtung

Andreas Dresen führte die Riege der Brandenburger Verfassungsrichter am gestrigen Freitag an, aber das war wohl nur der Sitzordnung geschuldet. Von rechts kamen die sechs Richter in den Saal, ganz links nahm der prominente Filmemacher („Sommer vorm Balkon“, „Herr Wichmann.

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Andreas Dresen führte die Riege der Brandenburger Verfassungsrichter am gestrigen Freitag an, aber das war wohl nur der Sitzordnung geschuldet. Von rechts kamen die sechs Richter in den Saal, ganz links nahm der prominente Filmemacher („Sommer vorm Balkon“, „Herr Wichmann...“) bei seiner ersten mündlichen Verhandlung als Laienrichter Platz. Ihn fokussierend zogen zwei Kameras und mehrere Fotografen durch den Raum. „Mich freut Ihr Interesse am Verfassungsgericht“, sagte der Vorsitzende Jes Möller belustigt, als er das ungewohnte Filmen und Fotografieren nach vier Minuten beendete – sonst ist das mediale Interesse deutlich geringer.

Viel zu tun hatte Dresen – schwarze Robe, weiße Krawatte und altersgemäß ergraut – in der reichlich zweistündigen Verhandlung nicht. Die Fragen stellte der Vorsitzende, es ging um das Thema, ob die vier kreisfreien Städte Potsdam, Brandenburg/Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus bei der Kinderbetreuung finanziell ausreichend unterstützt werden. Weil der Landtag zum Oktober 2010 zwar mehr Betreuer für Kita- und Krippenkinder beschloss, aber der Zuschuss vom Land für die Mehrkosten nicht ordnungsgemäß ermittelt worden sein soll, klagen die Städte. Damit sei das Konnexitätsprinzip verletzt: Die Kommunen müssen neue Aufgaben übernehmen, dafür muss das Land die Kosten tragen. Derzeit werden flächendeckend rund 900 Euro pro Kind und Jahr gezahlt – egal, ob es eine Kita besucht oder nicht. Weil in den Städten prozentual mehr Kinder betreut werden als auf dem flachen Land, entsteht ein Defizit. Die Vertreter der Landesregierung versuchten, das Einfache einer pauschalen Berechnung herauszustellen und andere Ansätze als rechen- und kostenintensiv darzustellen.

Die Stadt Potsdam, für die Joachim Lentz als amtierender Fachbereichsleiter für Kinder, Jugend und Familie bei Gericht war, beklagte für 2011 eine Unterdeckung von einer Million Euro, obwohl der durchschnittliche Erzieher mit 39 000 Euro preiswerter ist als beispielsweise in Frankfurt (Oder) mit 46 000 Euro. Für die in freier Trägerschaft neu entstehenden Potsdamer Kitas werden meist junge, preiswerte Erzieher gefunden.

Wie der 49-jährige gebürtige Geraer Dresen sich in der neuen Rolle als Richter gefühlt hat, erfuhren die Pressevertreter nicht. „Wir müssen gleich weiterarbeiten“, sagte er, lächelte und verschwand ins Beratungszimmer. Zuvor hatten Worte wie Landeszuschussanpassungsverordnung, Mindestbetreuungszeit und erweiterte Mindestbetreuungszeit den Raum gefüllt – Worte, deren Konstruktion und Verwendung der Bürger gern Beamten und Juristen überlässt und die in Dresens Beobachtungen des realen Lebens höchstens als bürokratische Kuriosität auftauchen dürften. Ein Urteil soll es im Mai geben. Joachim Lentz hofft, dass dann mehr Geld dort ankommt, wo viele Kinder in die Kita gehen. Denn dort entstehen letztlich auch die Kosten.

Ingmar Höfgen

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