
© E. Bellin
2. Beelitzer Festspiele: Frau Luna: Berliner Luft in Beelitz
Mit der Operette "Frau Luna" will sich die Stadt Beelitz kulturell zeigen. Am Donnerstag ist Premiere auf der Festwiese, die 2. Beelitzer Festspiele werden eingeläutet.
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Beelitz - Gnadenlos steht die Sonne bereits um 11 Uhr über der Beelitzer Festwiese. Die Darsteller der Operette „Frau Luna“, des Stücks der 2. Beelitzer Festspiele, schlüpften am gestrigen Dienstagvormittag zum ersten Mal in ihre Kostüme. „Heute Abend ist der Helm sicher an meinem Kopf festgeschweißt“, sagt Heiko Waller hinter der Bühne, der im um 1900 spielenden Stück den Schutzmann Theophil Finke spielt – natürlich mit Pickelhaube.
In den vergangenen Wochen hat der Beelitzer Bauhof gemeinsam mit den Kulissenbildnern das Abbild eines Berliner Hinterhofes auf die Nieplitzwiese gebaut, auf dem der Mechaniker Fritz Steppke vor 700 Zuschauern pro Vorstellung davon träumt, einmal mit einem Luftschiff bis zum Mond zu fliegen – der über der Kulisse thront. Mit Berliner Witz und Schnauze will er mit seinen Freunden, dem Portier Pannecke und dem Schneider Lämmermeier, losziehen. „Een Witwer, der wieda heiratet, verdient et nich, dat ihm die erste Frau jestorben is“, konstatiert Pannecke zum allübergreifenden Thema Frauen.
Seit drei Wochen Proben in Beelitz
Überhaupt wird bei den Proben klar, dass es in Berlin vor 100 Jahren durchaus frivol zuging. Da fasst der Schutzmann dem Dienstmädchen Andrea Meissner beherzt ans Bustier oder vergräbt sein Gesicht darin, und das Fräulein Anna will von ihrem Geliebten mit ins Kämmerlein genommen werden. Mechaniker Steppke ruft seine Geliebte lässig mit den Worten „Mietze, wo bleibst du?“. Die verspätet sich länger als gedacht: Hinter der Bühne gab es Stau, noch müssen die Schauspieler absprechen, wer wann genau wo ist.
„Das ist normal, dafür proben wir ja“, sagt Regisseur Peter Fabers. Seit drei Wochen ist er mit den Darstellern in Beelitz. Das sei nur halb so lang, wie er normalerweise für das Einstudieren eines Stückes hat. Schließlich seien die Kollegen nicht als festes Ensemble angestellt. Für ihn und sein Team sei es eine Herausforderung, die Operette von Paul Linke open air aufzuführen. „Wir haben keinen Schnürboden, den man bräuchte, um Schauspieler auf den Mond fliegen zu lassen.“ So muss ein kleiner Heißluftballon mit gemalter Besatzung ausreichen, um die Landung auf dem Mond zu simulieren. Die Temperaturen seien für die Schauspieler weniger eine Herausforderung, die sei das Berufsrisiko bei Sommervorstellungen.
5200 Zuschauer können Beelitzer Festspiele sehen
Während im Freibad gegenüber der Bühne die Kinder ins Becken springen, müssen die Darsteller der Mondpolizei in luftdichten Kostümen über das Parkett tanzen. „Da läuft einem der Schweiß in alle Richtungen am Körper runter“, beschreibt Andrea Meissner. Zwischen den Proben will sie wenigstens mal ihre Füße ins Freibad halten. Zumindest kühlt der Wind etwas. Der weht am Dienstag so stark, dass der Sonnenschirm des Keyboarders, der für die Proben das Orchester ersetzt, einmal über die Bühne fliegt.
Meissner war bereits vor zwei Jahren bei den ersten Festspielen dabei, genau wie Peter-Benjamin Eichhorn, der den Mechaniker Steppke spielt, und wie Regisseur Peter Fabers. Damals wurde in Beelitz das Weiße Rößl aufgeführt, nach Angaben der Stadt war es jeden Abend ausverkauft. Auch jetzt läuft der Kartenverkauf gut, von den 5200 Tickets sind bereits 60 Prozent verkauft.
"Am Stück ist die ganze Stadt beteiligt"
„Der Spaß, den das Ensemble beim Spielen hat, überträgt sich schon bei den Proben auf jeden Zuschauer“, sagt Bürgermeister Bernhard Knuth (Bürgerbündnis). Die Festwiese ist nur wenige Hundert Meter hinter dem Rathaus, da schaut er öfter mal vorbei und bringt auch schon mal selbst ein wenig Requisite mit: Ein Bild von Kaiser Wilhelm II. etwa. „An dem Stück ist ja die ganze Stadt beteiligt, viele Requisiten wie Waschkörbe oder Bügeleisen wurden von Beelitzern zur Verfügung gestellt“, so Knuth.
Mit den Festspielen alle zwei Jahre wolle er einmal eine andere Facette der Stadt präsentieren. „Wir sind ja eher für Landwirtschaft und Spargel bekannt, aber wir können auch Kultur“, so Knuth. Auch wenn bereits jetzt vieles auf einen Erfolg hindeutet, soll es beim zweijährigen Rhythmus der Festspiele bleiben. Mehr könne die Verwaltung, die den Großteil der Festspiele organisiert, nicht stemmen. Für „Frau Luna“ habe man sich entschieden, da die Operette hier bekannt ist durch Schlager wie „Berliner Luft“ oder „Schlösser, die im Monde liegen“. Der Mond wird von Frau Luna ( Jessica Glatte) im wallenden Kleid bewacht. Auf der Spitze der Kulisse singt sie und gibt sich gnädig gegenüber den Neuankömmlingen aus Berlin, die ihr die Mondpolizei vorführt. Nur als sie zu ihnen herabsteigen will, dauert das am Dienstag noch etwas. „Ich komm mit dem ganzen Geschmeiß nicht so schnell die Treppe runter.“
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