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Potsdam-Mittelmark: Beruf mit Spannung

Über 400 Schüler besuchen Werderaner Betriebe / Eonedis in Derwitz wirbt für Lehre zum Elektroniker

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Werder (Havel) - Oberschüler Dennis weiß noch nicht genau, was er nach der zehnten Klasse machen möchte. „Irgendetwas Technisches, vielleicht was mit Computern.“ Sein Klassenkamerad Alex zieht es mehr in eine andere Richtung, er möchte Kfz-Mechaniker werden. Die Karrierepläne der beiden Neuntklässler an der Carl-von-Ossietzky-Oberschule in Werder sind noch recht vage. Doch viel Zeit bleibt ihnen nicht mehr, um den Traumjob zu finden und sich für eine Ausbildung zu entscheiden. Gestern kam für sie eine weitere Option dazu: Im Rahmen des ersten Werderaner Zukunftstages lernten die Oberschüler die Berufe des Elektronikers für Betriebstechnik und des Kaufmannes für Bürokommunikation kennen.

Wie Dennis und Alex geht es vielen: „Die Schüler kennen gar nicht die ganze Bandbreite, viele können gerade mal zehn Berufe aufzählen“, sagt Iris Gerloff, Direktorin der Oberschule. Zusammen mit den anderen weiterführenden Schulen in Werder sowie der Stadt und den Unternehmen will sie gegensteuern und ihren Schützlingen eine Orientierungshilfe geben. An der Carl-von-Ossietzky-Schule gibt es bereits Schnuppertage, an denen Siebtklässler die Unternehmen besuchen. Ab der achten Klasse soll demnächst das Praxislernen eingeführt werden, bei dem im Rahmen des Wirtschaftsunterrichts an einem Tag pro Woche ein Unternehmen besucht und dort auch mitgearbeitet werden kann. Zudem gibt es die zweiwöchigen Schülerbetriebspraktika in der neunten und zehnten Klasse. Auch dafür soll der Zukunftstag eine Stütze bieten, so Werders Erster Beigeordneter Hartmut Schröder (CDU): Zu oft werde der Praktikumsplatz zufällig gewählt und damit eine wichtige Chance bei der Wahl der richtigen Ausbildung verschenkt. Über 400 Schüler sind an diesem Tag der Einladung nachgekommen und besuchen 30 Betriebe. Damit verbindet sich eine weitere Hoffnung: Man will die jungen Leute hier halten, auch wenn Abwanderung in Werder noch kein ernstes Problem ist.

Dass der Beruf des Elektronikers für Betriebstechnik in vielerlei Hinsicht „spannend“ ist, zeigt sich am Sitz der Eonedis in Derwitz. Über 40 000 Bürger zwischen Werder und Belzig werden von hier aus versorgt. „Unser Job ist es, dafür zu sorgen, dass der Strom zwischen Umspannwerk und Haushalt reibungslos fließt“, erklärt Netzmeister Sven Junkel. Im Störungsfall fährt der Elektroniker raus zu den Kunden und sucht den Fehler. Dabei müsse auch unter Spannung gearbeitet werden, denn immer seltener könne für Reparaturarbeiten der Strom einfach abgeschaltet werden. Dicke Gummihandschuhe und isoliertes Werkzeug gehören deshalb ebenso zur Ausrüstung wie das Notebook und der Stromprüfer. 100 Lehrstellen in diesem Bereich werden von Eonedis in der Region Potsdam jährlich angeboten, dabei würden längst nicht nur Abiturienten eingestellt, sagt Lars Müller, der seine Lehre gerade erst abgeschlossen hat. Rund die Hälfte der Lehrlinge habe einen Realschulabschluss. Müller habe seine Entscheidung an keinem Tag bereut, sagt er mit einer Euphorie, die ansteckt: Oberschüler Dennis entscheidet sich vor Ort, hier sein nächstes Praktikum zu absolvieren. Sein Eindruck: „Es ist ein interessanter und vielseitiger Beruf.“

Wer das Zeug dazu hat, kann bei der Eonedis sogar studieren: In Fürstenwalde wird der Studiengang Betriebswirtschaftslehre mit dem Abschluss Bachelor angeboten. Den möchte Ina Tepper irgendwann erreichen. Sie hat in Derwitz gerade ihre Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation begonnen. Dass man sich in der Schule anstrengen muss, um bei der Bewerbung zu punkten, ist eine grundsätzliche Erkenntnis, welche die Schüler an diesem Tag mit nach Hause nehmen – auch aus dem Unternehmen SGW in der Straße Am Zernsee. In dem Traditionsbetrieb entstehen Führerpulte, Filter und Batterie-Container für Lokomotiven. „Früher war die Situation für uns bequemer, wir hatten fast nur Abitur-Bewerbungen“, berichtet Personalchef Michael Ludwig bei einem Rundgang durch die Werkshallen. Mittlerweile habe man aber auch mit einem Zehnte-Klasse-Abschluss eine Chance auf eine Lehrstelle. Pro Jahr werden zwei Ausbildungsplätze zum Konstruktionsmechaniker angeboten – und wer hier lernt, wird danach in der Regel auch eingestellt. Wichtig sei neben guten Noten unbedingt das Interesse für den Job. „Nichts ist schlimmer, als einen Beruf zu machen, der einen nicht interessiert“, so Personalchef Ludwig. Diese Gefahr dürfte nach dem Zukunftstag zumindest etwas kleiner geworden sein.

Thomas Lähns

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