Potsdam-Mittelmark: „Bescheuerter Schwenk“
Von einer merkwürdigen Fußgängerbrücke und anderen Umweltsünden in der Parforceheide
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Von einer merkwürdigen Fußgängerbrücke und anderen Umweltsünden in der Parforceheide Von Peter Könnicke Stahnsdorf - Der Volksmund nennt sie „Peter-Ernst-Gedächtnis-Brücke“. Denn der umtriebige Güterfelder Umweltaktivist hat in seiner bekannt hartnäckigen Manier großen Anteil daran, dass am Ende der Nutheschnellstraße durch eine Fußgängerbrücke alte Wegebeziehungen wieder hergestellt sind. Einst hat diese der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. anlegen lassen, durch den Ausbau der Autobahn wurden sie zerschnitten. Offiziell heißt das Bauwerk „Rohrlakensteg“, manch einer sprach anlässlich ihrer Einweihung im diesem Frühjahr auch vom „Blauen Wunder“, da in Zeiten knapper Kassen eine Brücke ausschließlich für Fußgänger und Radfahrer gebaut wurde. Peter Ernst könnte also rundum zufrieden sein, hätte die Brücke nicht einen Schönheitsfehler. Auf Güterfelder Seite schlängelt sie sich wie eine Wendeltreppe hinab beziehungsweise hinauf. Für junge Mütter mit Kinderwagen und Behinderte bleibt es daher ein beschwerliches Vergnügen, vom Jagdschloss Stern über den Rohrlakensteg in die Parforceheide zu spazieren. Den Bau einer längeren Rampe hat das Grundstück blockiert, dass unmittelbar an das Brückenbauwerk grenzt. Fragt man heute nach den Gründen, offenbart sich eine Geschichte mit einigen Merkwürdigkeiten. Die einst selbständige Gemeinde Güterfelde hatte die Wiese verpachtet, obwohl, wie sich später herausstellte, sie nie eine Verfügungsbefugnis hatte. Trotzdem soll es Ortsbürgermeister Dietrich Huckshold gewesen sein, der als Verhandlungspartner gegenüber dem Vertreter der Stadt Potsdam für das Grundstück Baulandpreise forderte, die ihm allerdings niemand zahlen konnte. Huckshold wehrt sich heftig gegen eine solche Darstellung. Wer sollte sich auch ernsthaft erhofft haben, eine Wiese direkt neben einer vierspurigen Straße, die zudem eine Autobahn kreuzt, zum Bauland erklären zu können? Daher droht Ortsbürgermeister Huckshold, „dass sich jeder, der so etwas behauptet, am Rand einer Klage bewegt“. Wahr ist jedoch, dass die Güterfelder Gemeindevertreter unter Führung ihres Bürgermeisters die Überführung ablehnten, selbst als sich die Stadt Potsdam bereit erklärte, sämtliche Unterhaltskosten für die Brücke auch auf Güterfelder Territorium zu übernehmen. Erst ein neues Planverfahren ebnete den Weg zur Brücke. Das benötigte Güterfelder Grundstück allerdings wurde dafür nicht hergegeben. Die wirklichen Besitzer, eine Potsdamer Familie, deren Vorfahren die Parzelle nach dem Krieg als Bodenreformland erworben und mit Roggen bestellt hatten, wurden nie gefragt. „Mit uns hat keiner geredet“, so die Familie. Wer auch immer sein Veto eingelegt hat, dass die Brücke auf das Grundstück führt: Im zuständigen Potsdamer Fachbereich ärgert man sich noch immer über den „bescheuerten Schwenk“, der nie entstanden wäre, wenn man sich über das Grundstück geeinigt hätte. Inzwischen gehört das umstrittene Stückchen Erde dem Land Brandenburg. Die Verhältnisse scheinen geklärt, die Schnittwunden im historischen Wegenetz sind geheilt, doch Peter Ernst hat noch immer nicht seinen Frieden mit der Situation an der Großen Rohrlake gemacht. Noch immer „befinden sich anstößige Umweltsünden“ inmitten des Landschaftsschutzgebietes, hat er jetzt dem mittelmärkischen Umweltamt angezeigt. Ausgerechnet auf dem Areal, das den Funktionswert des „Blauen Wunders“ einschränkt, befinden sich die Reste eines „Schwarzbaus“, wie Ernst beklagt. Der letzte Pächter hatte ein kleines Gartenhäuschen gemauert, das sich heute nur noch als Ruine präsentiert. Nach der Wende wurden um das Gelände Metallzäune ehemaliger Grenzbefestigungsanlagen gezogen, die noch immer das Bild der freien Landschaft stören. Jugendliche zerlegten hier Mopeds und Autos und schraubten sie wieder zusammen, alte Fahrzeugsteile rosten hier noch immer ungehindert vor sich hin. Noch heute befindet sich am Wiesenrand eine Montagegrube, in der Umwelthüter Ernst ganze „Zweiradmotoren und Altöl“ verschwinden sehen hat. Ernst wäre nicht das grüne Gewissen der Parforceheide, würde er nicht „Recht und Ordnung“ fordern und Ämter und Behörden zum Handeln mahnen. Das Müllproblem ist seit langem bekannt, doch wiederholt sich hier die Geschichte: Offenbar fühlt sich keiner zuständig. Die ehemaligen Eigentümer meinen, die Gemeinde soll das Grundstück aufräumen und die Kosten von den Pachteinnahmen bezahlen, die Güterfelde jahrelang kassiert habe. Doch auch im Stahnsdorfer Gemeindeamt gibt man sich zurückhaltend. Im März hat man mit der Beseitigung des Bauschutts und der Autowracks die mittelmärkische Abfallwirtschaft (APM) beauftragt und versichert, dass so lange „diese Angelegenheit unter unserer Kontrolle bleibt“. Inzwischen ist man sich in Stahnsdorf gar nicht mehr so sicher, noch verantwortlich zu sein, denn immerhin gehört das Grundstück jetzt dem Land. Bei der APM erinnert man sich an den Auftrag aus Stahnsdorf. Er ist auch erledigt, heißt es in der Niemegker Zentrale. Allerdings ist nur der Müll außerhalb des Grundstücks entsorgt werden, „das andere ist ja privater Grund und Boden“. Und so schließt sich der Kreis, den Peter Ernst nicht zu überbrücken weiß.
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