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KulTOUR: Besonderes gefunden

Orgel und Gitarre bei den Caputher Musiken

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Schwielowsee - Zwölf erfolgreiche Jahre „Caputher Musiken“ kommen nicht von allein. Gute Namen, erlesene Programme und manches Extra bescherten dem Veranstalter meist volle Säle, mithin einen konstant guten Ruf. Auch am Samstag konnte man sich in der Caputher Kirche über ein zufriedenes Publikum freuen, denn mit Jörgen Brilling und dem Berliner Organisten Florian Wilkes hatte man wieder einmal das Besondere gesucht und gefunden. Unter dem Titel „Europäische Konzerte“ gaben die international renommierten Musiker in der Caputher Stüler-Kirche eine ungewöhnliche Vorstellung, welche am Anfang gebremst, zum Ende von stürmischem Temperament begleitet war. Beide sind „durchstudierte Leute“: Der Neu-Kleinmachnower Jörgen Brilling hat ein Musiker-Diplom, ein Konzertexamen sowie Abschlüsse in Musikwissenschaft und Kunstgeschichte. Florian Wilkes, Organist bei St. Hedwig in Berlin, ist außerdem in Gesang, Chorleitung und Komposition ausgebildet, dazu noch ein promovierter Jurist. Beide arbeiten seit langem zusammen.

Ihr als „barockes Konzert für Gitarre & Orgel“ angekündigter Vortrag wurde in fast jeder Hinsicht eingelöst. Hatte Vivaldi also sein Konzert D-Dur auf Orgel und Laute gesetzt, so hörte man in Caputh die Gitarren-Version, oft mit dem Klang des ursprünglichen Instruments. Technisch eine Herausforderung, denn zwischen Jörgen Brilling vor dem Altar und der Orgelempore lagen Weite und Höhe des Stülerschen Kirchenschiffes. Man verständigte sich wie blind, der eigene Standort bestimmte, welche Stimme man vordergründig hörte.

Der Venezianer gibt nun in drei Sätzen ein sonderbares Stimmungsbild: Scheinbar unbeschwert wird ein Thema eröffnet, ein paar Staccati, etwas Variation, dann dieses Largo von der traurigsten Art mit fermaten Orgelläufen. Das finale Allegro vermag solchen Trübsinn trotz seiner Freundlichkeit nicht mehr aufzuwiegen. Dieser erste Vortrag wirkte trotz der erlesenen Paulino-Bernabé-Gitarre nicht unbedingt souverän, erst im gemeinsamen Spiel auf der Empore entstand ein wirklich einheitliches Klangbild.

Auch die folgenden drei Werke waren sehr geschickt arrangierte Adaptionen. Das flotte d-Moll-Konzert von Johann Friedrich Fasch mit seinem witzigen Marsch-Motiv, ursprünglich auf eine Laute gesetzt, überzeugte in allen drei Sätzen, erst recht Georg Friedrich Händels Konzert in B-Dur (HWV 290): Satte Orgel-Tutti, jede Menge Synkopen, eine erstaunlich variable Staccato-Kultur im dritten Satz, wunderbare Dialoge verschiedenster Klangfarben zwischen den Instrumenten im Finalsatz, ein Wunderwerk selbst in dieser Gestalt.

Die einem guten Freund gewidmete „Fantasia para un gentilhombre“ von Joaquin Rodrigo (1902-1999) darf ebenfalls barockem Experimentiergeist zugeordnet werden. In der vorgestellten Fassung verdient sie das Attribut „aberwitzig“! Ursprünglich für großes Orchester geschrieben, tat der traditionsbewusste Spanier wohl alles hinein, was moderne Kompositionskunst zwischen Harmonie und Dissonanz zu bieten hat. Mal elegisch, mal voller Übermut, zudem auf iberische Rhythmik gesetzt, scheint sie, am Ende witzig und heiter, einer Tarantella zu gleichen. Der Finalsatz ein „Canario“, nach ihm viel Beifall, als Zugabe noch mal dieses wilde Ding. Ein phantastisches Ereignis – eben das Besondere der „Caputher Musiken“. Gerold Paul

Gerold Paul

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