Aus dem GERICHTSSAAL: Bewährung für Schläger vom Blütenfest
30-Jähriger bleibt nach Hirnverletzung sein Leben lang gezeichnet
Stand:
Der Staatsanwalt forderte zweieinhalb Jahre Haft wegen schwerer Körperverletzung. Das Jugendschöffengericht verurteilte Leon L.* (22) aus Teltow gestern allerdings zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Begründung: Der Bundeswehrsoldat habe seinem Opfer zwar einen Faustschlag ins Gesicht versetzt, in dessen Folge es rücklings auf die Straße krachte. Der Angeklagte habe aber die schlimmen Folgen für den Mann nicht vorsätzlich herbeigeführt.
Der Potsdamer Stefan S.* (30) besitzt keinerlei Erinnerung mehr an den 26. April vorigen Jahres. Der Kurierfahrer besuchte mit seiner damaligen Freundin das Baumblütenfest in Werder. Spätabends geriet er in eine Auseinandersetzung mit alkoholisierten Jugendlichen. Auch Stefan S. hatte getrunken. Laut Anklage schlug Leon L. dem Älteren unvermittelt ins Gesicht. „Der Mann fiel um wie ein Baum“, sagte ein Zeuge am ersten Verhandlungstag aus. (PNN berichteten.) Der Rechtsmediziner Dr. Christian König schaute sich das Opfer im Auftrag der Staatsanwaltschaft auf der Intensivstation des Klinikums an. Durch den ungebremsten Aufprall auf den Asphalt der Straße habe Stefan S. unter anderem einen Schädelbasisbruch sowie eine Gehirnblutung erlitten. Die Verletzungen seien lebensbedrohlich gewesen. Zu Komplikationen sei es gekommen, als sich der Hirndruck erhöhte. Der Schädel des damals 29-Jährigen musste geöffnet werden, um einen Schlauch einzusetzen, der das Hirnwasser ableitet. Stefan S. ist nach zehn Monaten Krankenhaus und Rehabilitation wieder zu Hause. Gesund wird er nie wieder. Durch die schwere Kopfverletzung leidet er an Epilepsie, kann nicht alleine laufen, hat Konzentrationsstörungen und Angst vor allem Unbekannten. „Ich habe mir mein Leben anders vorgestellt. Jetzt muss ich das Beste daraus machen“, sagte Stefan S. Er trat während des Prozesses als Nebenkläger auf, war während des gestrigen zweiten Verhandlungstages anwesend. „Mein linkes Ohr ist taub. Wenn ich länger sitze, tun mir die Beine weh. Ich musste eine Erwerbsunfähigkeits-Rente beantragen.“ Pläne für die Zukunft habe er nicht, sagte der Mann mit den großen Narben am Kopf. „Ich muss erst einmal den Unfall verarbeiten.“ Der Angeklagte – er ist dem Gericht als gewaltbereit bekannt – hatte einen Faustschlag ins Gesicht des Potsdamers bestritten. Er räumte allerdings ein, ihn geschubst zu haben. Zwei nicht zu seiner Clique gehörende Zeugen sagten jedoch aus, sie hätten eindeutig einen Faustschlag gesehen.
Leon L. muss sich drei Jahre bewähren. Und er hat seinem Opfer 1000 Euro Schmerzensgeld „als erste kleine Rate“ des Betrages zu zahlen, der sich in einem Zivilverfahren vervielfachen dürfte, betonte die Vorsitzende. (*Namen geändert.) Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: