Potsdam-Mittelmark: Bilder um das Menschenbild
Der Teltower Maler Werner Gottsmann wäre heute 80 Jahre alt geworden
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Der Teltower Maler Werner Gottsmann wäre heute 80 Jahre alt geworden Von Harald Kretzschmar Teltow - In Potsdam und im Potsdamer Umland gab es immer sehr lebhafte und anregende künstlerische Bemühungen. Selbst wenn hierzulande das Filmschaffen und in seinem Gefolge das Theatergeschehen die wesentlichen Akzente gesetzt haben, gab es doch immer eine lebendige Literaturszene und ein Musikleben, das sich hören lassen konnte. Namen prägten sich ein, die heute hier fast wieder vergessen sind. Dazu gehörten Hubert Globisch, Karl Raetsch und Wolfgang Wegener, die alle in der letzten Zeit verstorben sind. Und eben der Teltower Werner Gottsmann, der diesen Sommer einem Krebsleiden erlag. Er erlebte nun seinen achtzigsten Geburtstag nicht mehr. Und auch nicht mehr, dass die Öffentlichkeit sich des künstlerischen Schaffens, für das er und die anderen standen, in einer Ausstellung oder einem Museum erinnert. Brandenburgisch-preußische Geschichte, das ist sehr ferne Vergangenheit. Das gerade erst Vergangene, das die Gegenwart viel mehr berührt, ist ausgeblendet. Zumindest, was bildende Kunst betrifft. Dabei stand der Name Gottsmann gleich für zwei ihrer bedeutenden Zweige. Die erste Lebenshälfte (bis Anfang der 70er Jahre) widmete er sich intensiv der Arbeit als Grafiker. Das kultivierte Plakat und die gediegene Buchausstattung waren seine Domäne und seine Stärke. Ein konstruktiv-analytischer Stil zeichnete ihn aus und die Fähigkeit, den Gehalt eines Films oder eines Buches transparent zu machen. Von einem Tag auf den anderen schwenkte er dann von dieser sicheren Bank zuverlässiger Aufträge in Freikünstlerische ab. Malerei und gelegentlich baugebundene Aufgaben, das sollte es nun sein. Ein Aufbruch von der sicheren Basis des Naturstudiums im realistischen Zeichnen ins Experimentierfeld freie Kunst. Neue Ausdrucksmöglichkeiten für das Menschenbild und die darum kreisenden Bildthemen reizten ihn. Und er machte es sich weiß Gott nicht leicht damit. Er suchte malerische Vollkommenheit und philosophische Tiefe, ein Tüftler und Grübler, der er war. Und im Umfeld des Künstlerverbandes, im Disput mit seinesgleichen und mit Gesprächspartnern auch aus Philosophie und Pädagogik fand er sowohl Widerspruch wie hohe Anerkennung. Werner Gottsmann verleugnete nie, woher er kam: aus dem sächsischen Erzgebirge, einer an Bodenschätzen und menschlichen Talenten reichen, sonst aber bettelarmen Gegend. Wie klar und kristallin sein Weltbild gebaut war, hat da seine Wurzeln. Bildnisse von Vater und Mutter, tief empfunden, und ausdrucksstarke Landschaften deuten darauf hin. Das große Wandbild „Mensch – Natur – Kreislauf des Lebens“ in der Teltower Poliklinik, das bleibt in der Erinnerung des Kunstfreundes haften. Vieles blieb gerade in den letzten Jahren im Atelier. Glücklicherweise ist das erwähnte Wandbild dem Publikum noch zugänglich. Und ein letzter großer Aufschwung zur Bewältigung des Menschenbildes war ihm vergönnt, als er in den 90er Jahren, zahlreiche Skizzen und das große Ölporträt des Verhaltensforschers Günter Tembrock machen durfte. Das schöpferische Gespräch von Experte zu Experte bei den Porträtsitzungen gab Werner etwas von dem, was er nun, da so viele andere Kontakte abgerissen waren, an mobilisierender Diskussion vermissen musste. Immer noch mit Pinsel und Stift den Geheimnissen von Landschaft und Menschengesicht auf der Spur musste er Abschied nehmen. Haben wir ihn eigentlich in Ehren verabschiedet, ihn und die Seinen? Der Autor ist Karikaturist und war mit dem Künstler befreundet.
Harald Kretzschmar
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