
© E. Bellin
Potsdam-Mittelmark: Bis zu den Knien
In den Beelitzer Heilstätten eröffnet im Juni ein Barfußpark. Dort kann man über Scherben laufen und im Schlamm versinken
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Beelitz - Ein Aussichtspunkt direkt vorm Chirurgiegebäude, eine Hängebrücke vor der Ruine der Frauenklinik und zwischendurch mit nackten Füßen über Glasscherben laufen: In den Beelitzer Heilstätten entsteht derzeit der größte Barfußpark des Landes. Auf drei je einen Kilometer langen Rundkursen sollen rund um die Ruinen der früheren Lungenheilanstalt 60 Stationen entstehen, die zum Teil an die Kneippsche Lehre angelehnt sind. Die Eröffnung ist für den 6. Juni geplant. „Es soll auf den Pfaden auch darum gehen, als Familie gemeinsam aktiv zu sein, sich einzusauen und auszupowern“, so Thomas Müller-Braun, Geschäftsführer der Barfußpark Beelitz GmbH.
Eine halbe Million Euro investieren er und ein Mitgesellschafter, der bereits in der Lüneburger Heide einen ähnlichen Park betreibt. Ein Viertel davon sind Zuschüsse der Investitionsbank des Landes Brandenburg. Rund 100 000 Besucher erwartet er jährlich. So viel hat in etwa auch der Barfußpark Egestorf in der Lüneburger Heide. 2008 war der 48-jährige Potsdamer dort und gleich vom Konzept begeistert. „Mir war klar: Wenn ich mal rausgehe aus dem normalen Arbeitsleben, mache ich sowas.“ Der studierte Betriebswirt, der unter anderem für Bosch und T-Systems gearbeitet hat, stieß schließlich auf den Mischwald bei Beelitz. 15 Hektar Fläche pachtete er vom Besitzer Georg Hoffmann, der auch Geschäftsführer des benachbarten Baumkronenpfades ist, und der Stadt Beelitz. Vor einem Jahr wurde die Barfußpark Beelitz GmbH gegründet.
Derzeit ragen im Eingangsbereich hinter den künftigen Kassen- und WC-Häuschen 40 Wasserhähne aus der Erde. Daneben sollen Schließfächer und ein großes Wasserbecken entstehen. Nach dem Laufen können sich die Besucher erst im großen Wasserbecken reinigen und anschließend an den Wasserhähnen. „Es wird auch ein Becken geben, in dem man bis zu den Knien im Morast versinkt“, so der Geschäftsführer. Besucher sollten die Bekleidung entsprechend wählen und nicht in der weißen Lieblingshose kommen. Hinter dem Waschbereich geht es erst einmal auf die Wasserschräge: Ein betoniertes längliches Becken, in dem etwa einen Zentimeter hoch Wasser stehen soll. „Dadurch sollen die Füße erst einmal heruntergekühlt werden“, erklärt Thomas Müller-Braun. Danach geht es zum Wassertreten in ein tieferes Becken. Gelaufen wird auf anderen Stationen über Kiefernzapfen, Korken oder Glasscherben. Die Wege dazwischen werden mit fußfreundlichem Rindenmulch ausgelegt.
Natürlich geht es auf dem Barfußpfad viel ums Fühlen: So soll etwa mit verbundenen Augen nur anhand des Betastens der Baumrinden die Art erkannt werden. Daneben soll es Erlebnisstationen für Kinder geben, in denen sie durch ausgehöhlte Baumstämme krabbeln oder auf einem Holzxylophon spielen können. Eine Grube vor der Ruine der Frauenheilklinik wird von einer Brücke überspannt, bei der hängende Holzbalken die Füße massieren sollen. Daneben ist ein normaler Holzsteg angelegt.
„Der gesamte Park ist barrierefrei angelegt, das war Bedingung für die Landesförderung“, so der Geschäftsführer. Die Brücke ist von einer Behindertenwerkstatt in Schleswig Holstein gefertigt worden. Sonst kommt vieles aus der Region: Das Fleisch für den Imbiss liefert der Potsdamer Sauenhain. Das Gebäck stamme von einer kleinen Konditorei aus Berlin Wannsee, so Müller-Braun.
Der Eintritt zum Barfußpark für Erwachsene soll sieben Euro kosten, für Kinder fünf Euro. Dazu soll es Familienkarten und Kombi-Tickets mit dem Baumwipfelpfad geben. Da beides direkt nebeneinander liegt, hoffen die Betreiber, sich gegenseitig mehr Besucher zu verschaffen. Auch soll durch den Barfußpark das Gelände aufgewertet werden: „Vor der Chirurgie haben wir genügend Bäume gefällt, um eine historische Sichtachse wiederherzustellen.“ Müller-Braun zufolge war das eine Auflage des Denkmalschutzes. Die Sichtachse reicht bis zum Kräutergarten, der derzeit entsteht. Dort soll es künftig Kräuterseminare geben.
Spezielle Aktivitäten sind für angemeldete Gruppen geplant. Einer der Höhepunkte sei das Feuerlaufen, so der Geschäftsführer. „Dabei wird ein großer Haufen Holz verbrannt, über die dabei entstehende Holzkohle laufen die Teilnehmer dann.“ Müller-Braun hat dafür extra eine Schulung gemacht, damit sich auch wirklich niemand verletzt. „Es geht dabei einfach darum, die eigenen Ängste zu überwinden.“ Diese Praktik werde seit Jahrtausenden betrieben. Enrico Bellin
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