Potsdam-Mittelmark: Bitte kein Wundenlecken
Hagen Ludwig
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Katerstimmung herrscht nach der turbulenten Sondersitzung der Michendorfer Gemeindevertreter. Es wird keinen Bürgerentscheid über die Abwahl von Bürgermeisterin Cornelia Jung geben. Für einen solchen Beschluss fehlte die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Doch wird man jetzt angesichts des Scherbenhaufens so einfach wieder zur Tagesordnung übergehen können? Trockene, nüchterne Analyse und nicht emotionales Wundenlecken ist jetzt angesagt.
Dass sich etwas tun muss in der Gemeinde Michendorf, beim Zusammenwachsen der einst selbstständigen Ortsteile und bei der Führung der Verwaltung – darüber waren sich alle Gemeindevertreter einig. Strittig blieb die Konsequenz. 13 Gemeindevertreter haben klipp und klar gesagt, dass sie sich eine Zusammenarbeit mit Jung nicht mehr vorstellen können – noch im Juni hatten 16 die Abwahl beantragt. Drei von ihnen gehörten dann am Montag zu den Gemeindevertretern, die eine Abwahl angesichts der Vorwürfe doch für unverhältnismäßig hielten. Schließlich hat Jung nicht gegen Gesetze verstoßen oder der Gemeinde schweren finanziellen Schaden zugefügt.
Für die Bürgermeisterin bleibt das Geschehen ein gewaltiger Denkzettel und schwierige Grundlage für einen Neuanfang. Doch der Gesetzgeber hat nicht umsonst die Hürden für eine Bürgermeisterabwahl hoch gelegt. Bürgermeisterin und Gemeindevertreter sind direkt vom Bürger gewählt, und der darf erwarten, dass sich jetzt alle Seiten ungeachtet persönlicher Empfindlichkeiten zusammenraufen. Gefordert sind dabei alle Beteiligten. Wenn die Bürgermeisterin mehr für das Zusammenwachsen der Ortsteile tun soll, dann sind auch die Ortsbürgermeister gefordert – vier von ihnen sitzen sogar gemeinsam in der Gemeindevertretung. Da muss man auch mal zugunsten des Nachbarn verzichten können, wenn es zum Beispiel um den Wunsch nach vielen kleinen Bauflächen in einem abgestimmten Flächennutzungsplan geht.
Wenn von der Bürgermeisterin mehr Strategie und Visionen verlangt werden, darf man ihr nicht ständig das Gefühl vermitteln, dass sie lediglich die politischen Vorgaben der Gemeindevertreter verwaltungstechnisch umzusetzen hat. Und um die Verwaltung zu effektivieren, gilt es jetzt, die Hinweise der jüngsten Evaluierung zu beherzigen. Das wird nur Früchte tragen, wenn Gemeindevertreter und Bürgermeisterin dabei deutlich sichtbar an einem Strang ziehen. Kommt dann noch ein Schuss Diplomatie auf beiden Seiten hinzu, könnte der Scherbenhaufen vielleicht zu einem neuen Bild zusammengefügt werden. Der Wähler wird alle Beteiligten daran messen, wie dies gelingt.
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