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Potsdam-Mittelmark: Blaulicht im Vergabeverfahren Für neue Betreiber von Rettungwachen war ein Tarifvertrag ein Muss – doch Promedica hat keinen

Potsdam-Mittelmark - Was ist ein Vertrag wert, der seit fast zehn Jahren keine Gültigkeit mehr hat? Die Frage ist für das jüngst abgeschlossene Vergabeverfahren für 13 Rettungswachen im Landkreis Potsdam-Mittelmark brisant.

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Potsdam-Mittelmark - Was ist ein Vertrag wert, der seit fast zehn Jahren keine Gültigkeit mehr hat? Die Frage ist für das jüngst abgeschlossene Vergabeverfahren für 13 Rettungswachen im Landkreis Potsdam-Mittelmark brisant. Denn ein „den Arbeitsverhältnissen zugrunde gelegter Tarifvertrag“ war ein „Muss“ für alle Bewerber. Mancher Kreistagsabgeordnete hatte bei der umstrittenen Vergabeentscheidung, bei der es um empfindliche Lohneinbußen ging, auf die Tarifautonomie verwiesen. Die „Promedica Rettungsdienste GmbH“ als einer der Bewerber hatte offenbar angegeben, dass sie als Mitglied des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe dessen Tarifvertrag anwende – und gewann eines der vier Lose.

Doch der heranzitierte Tarifvertrag, der 1997 zwischen dem „Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen“ und der ÖTV für Betriebe der privaten Notfallrettung unterschrieben wurde, ist am 31. März 1999 ausgelaufen. Ein neuer Tarifabschluss kam auch mit der inzwischen zuständigen Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nicht zustande, sagt der zuständige Landesfachgruppenleiter Hermann Hane gegenüber den PNN. „Und die sonst an sich übliche Nachwirkung war in diesem Fall ausgeschlossen.“ Aus dem Gesamtverband Verkehrsgewerbe hieß es dazu auf PNN-Anfrage, dass ein in Niedersachsen geschlossener Tarifvertrag in Brandenburg sowieso nicht zur Wirkung kommen kann. Hat Promedica bei der Ausschreibung also gemogelt?

Promedica-Geschäftsführer Ingo Lender beteuert auf Anfrage, dass der alte Tarifvertrag angewendet werde: „Verdi war ja nie wieder zu Verhandlungen bereit, deshalb gilt der Vertrag weiter.“ Für Potsdam-Mittelmark, wo Promedica am 1. Januar die Rettungswachen in Werder (Havel), Kloster Lehnin, Groß Kreutz und Bollmannsruh übernehmen soll, werde aber ohnedies ein Haustarifvertrag zum Tragen kommen, der in einigen Wochen abgeschlossen sein soll. Die Gewerkschaft, mit der er darüber verhandelt, will Lender nicht verraten. Nur soviel: „Verdi ist es nicht.“

Fakt für Verdi ist: Derzeit können sich Rettungssanitäter und Rettungsassistenten bei Promedica auf kein Vergütungstarifwerk berufen. In Stellenausschreibungen für Rettungssanitäter und Rettungsassistenten für Bremen und Bremerhaven, wo die „Promedica Rettungsdienste GmbH“ bereits tätig ist, ist davon auch keine Rede. Unter dem Stichwort „Verdienst“ heißt es: „nach Vereinbarung“. Kreistagsabgeordneter Christian Große (CDU) aus Werder (Havel) hat nach dem Promedica-Tarif bereits beim Landratsamt gefragt, wo offenbar Unklarheit über die tatsächliche Situation besteht. Er zieht inzwischen das komplette Vergabeverfahren in Zweifel. „Wenn sich die Ausgangsbedingung ,Tarif ändert, ist das ganze Verfahren infrage gestellt“, sagte Große gegenüber den PNN.

Der Malteser Hilfsdienst, Betreiber der Rettungswache Werder, hatte wegen der Vergabe an Promedica bei der Vergabekammer interveniert. Morgen soll entschieden werden. In einem Vorab-Schriftsatz der Kammer wurde der Widerspruch nach PNN-Informationen abgelehnt – auch weil Promedica einem Tarifvertrag unterworfen sei. Henry Klix

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