Von Henry Klix: Blechen nach dem Stau
Wie Polizei und Behörden das teuerste Autofahrerjahr aller Zeiten begleiten
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Werder (Havel) / Schwielowsee - Mittwochmittag auf der B 1: Der Landesbetrieb für Straßenwesen hat an der Strengbrücke wieder mal eine unangekündigte Baustelle aufgemacht. Per Ampel darf die Autokolonne einspurig die Brücke passieren, doch die meiste Zeit ist Rot. Nur höchstens 15 Autos schaffen es pro Grünphase. Richtung Potsdam warten rund 450 Autos und Laster. Im Inforadio ist von 20 Minuten Wartezeit die Rede, in Wirklichkeit geht hier eine Stunde verloren. Termine werden verpasst, Lieferzeiten verschoben, Geschäfte platzen. Ein Volkswirt würde sagen: Es entsteht wirtschaftlicher Schaden.
Intelligente Ampelschaltungen kann man sicher nicht erwarten, wo alle klugen Frauen mit den Gedanken bei der Ausreise sind. Zum Glück gibt es noch die Polizei, die in solch ernsthaften Situationen auf der dicht befahrenen Bundesstraße regulierend mit dem wiederentdeckten Verkehrsstab eingreifen könnte. Der Oberbegriff für diese Organisationsform des menschlichen Zusammenlebens heißt „Gemeinwesen“. Mag sein, dass seine Bedeutung historisch überholt ist. Und die Polizei wurde ja personell in den vergangenen Jahren auch kräftig zusammengestutzt.
Aber nein, tatsächlich stehen an der Strengbrücke die Männer in Grün. Und wer nach 30 Mal fahren, warten, fahren warten, fahren und warten endlich an der Brücke angekommen ist, sich bei Werderschem „kirschgrün“ an seinen Vordermann klebt, wird herausgewunken. Auch ein Weg, Schaden abzuwenden. Und es belebt den Staatshaushalt.
Auch in Richtung Geltow wird Sicherheit großgeschrieben, dank Laserkamera schleicht der Verkehr mit Tempo 10 über die Strengbrücke. Gut, dass zumindest das Polizeipräsidium vorher von den Bauarbeiten Bescheid wusste und sich darauf einrichten konnte.
Wer die Strengbrücke geschafft hat, für den lauert auf der Werderaner Seite die nächste Kostenfalle: Dicht bei dicht zwei Tankstellen, die sich in härtestem Wettbewerb befinden könnten. Doch die Preise gleichen sich fast immer zufällig bis auf einen Cent – diesmal Kraftstoffpreise an der 1,50-Marke, ein für immunisierte DDR-Bürger vertrauter Betrag. Diesel ist so teuer wie Benzin. Die CDU-Mittelstandsvereinigung hat ausgerechnet, dass der milder besteuerte Diesel mindestens 18,5 Cent zu teuer ist. Ölmultis und Spekulanten müssen auch leben. Und die Steuerbehörden haben auch was davon.
Die Globalisierung fordert ihren Tribut, der Kunde und tätige Bürger ist auf seine Kontonummer reduziert, das Gemeinwesen gemein und böse. Polizei und Ordnungsbehörden wollen auch bei uns den Trend nicht verschlafen – und dabei Gutes tun. Auch zwischen Caputh und Potsdam hat sich in den vergangenen Jahren ein kassenwirksames Modell bewährt, um den Autofahrer vor allzu viel Vertrautheit mit seinem Staat zu schützen: Im Bereich von Forsthaus und Strandbad gilt mal Tempo 60, mal Tempo 30. Ortskenntnis nutzt da gar nichts, ein wirksames Trainingsprogramm für Aufmerksamkeit im Straßenverkehr.
Denn immer, wenn mal wieder das 30er Limit wirksam wird, klingelt unter den alten Platanen die Staatskasse. In Supermarktregalen wird ja auch mal umsortiert. Der ADAC rechnet damit, dass 2008 das teuerste Autofahrerjahr aller Zeiten wird. Alle müssen da mit anpacken: Polizei, Behörden, Tankstellen, Bürger. Gut sieben Monate haben wir noch.
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