zum Hauptinhalt

DasWAR“S: Blond und Shorts

Was Peter Könnicke von journalistischer Garderobe hält

Stand:

Vor ein paar Wochen hatten ich einen Termin im Café Einstein in Berlin. Ich kannte bis dahin die Lokalität nicht, aber ich fand, das klang schick: ein Café Unter den Linden! Womit sich sogleich die Frage der Garderobe stellte. Seriöses Hemd? Ist T-Shirt okay? Die schwarzen, ledernen Schuhe oder die bequemen Trekkingboots?

Die Kleidung eines Journalisten ist wichtig. Und verräterisch. Kollegen von der FAZ oder vom SPIEGEL tragen Anzüge, mindestens aber Jacket, Hemd und Krawatte. Manche Kolleginnen dieser Zeitungen auch. Lokaljournalisten hingegen kommen in Jeans und Lederjacke. ZEIT-Journalisten trinken Rotwein, Lokalreporter Pils, die vom STERN bestellen Latte Macchiato, wir Kaffee schwarz.

Ich persönlich halte es mit der Kleiderhierachie ziemlich genau. Vor Jahren erschien ich mal bei der Vorstellung eines neuen Immobilienprojekts im Umland in halblangen Hosen, T-Shirt und Sandalen. Die Makler indes trugen korrekt mit Schlips und Kragen. Es gab tatsächlich Beschwerden: Der Artikel über das Bauvorhaben sei nicht sonderlich reklamefreundlich und meine Garderobe überaus unpassend gewesen.

Was die Wirkung einer Rasur angeht, bin ich mir nicht sicher. Prinzipiell bin ich ein Rasiermuffel, was vor ein paar Monaten durchaus zu einer legitimen Sache wurde. Wenn man es mit Dreitagebart zum SPD-Chef schaffte, war ich regelmäßig reif für die Kanzlerkandidatur. Inzwischen scheint die „Mit-Bart-macht-man-Karriere-Theorie“ widerlegt und ich frage mich, ob ein glattes Männergesicht nicht doch von Vorteil ist. Rein praktisch würde das bedeuten, dass ich mich vor einer Kleinmachnower Ortsparlamentssitzung frisch rasieren und ein bisschen Aftershave auflege. Ganz sicher wird mir Vize-Parlamentschefin Nina Hille ein paar Informationen aus dem nichtöffentlichen Teil zustecken. Bis jetzt hat sie das nämlich nicht getan. Wahrscheinlich wegen der Bartstoppel.

Was meine Frisur angeht, bin ich nicht wählerisch. Gezwungenermaßen. Ein befreundeter Friseur meinte schon vor Jahren zu mir, ich sollte nicht mehr experimentieren, sondern einen mit der Maschine geschnittenen Kurzhaarschnitt verlangen. Einmal jedoch hab ich mir die Haare blond gefärbt. Danach war ich mir etwas unsicher, ob das meiner journalistischen Seriosität schaden würde. Doch ein Teltower CDU-Politiker meinte ein paar Tage später zu mir: „Herr Könnicke, ich gratuliere Ihnen zu ihrer neuen Frisur!“ Ich meinte, dass ein Wechsel hin und wieder ganz gut täte. Kurz danach trat der Mann aus der CDU aus. Was beweist: Die Kleidung eines Journalisten wird völlig überbewertet. Auf den Kopf kommt es an.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })