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Von Henry Klix: Blütenfest mit „Insel der Ruhe“

Sicherheitsgutachten zum Blütenfest empfiehlt neues Inselkonzept – eine Alternative ist noch im Rennen

Stand:

Werder (Havel) - Wird die Inselstadt beim Baumblütenfest zur „Insel der Ruhe und Gelassenheit“? Das zumindest ist die Vorzugsvariante von Gutachtern des Potsdamer Brücken- und Ingenieurbaubüros VIC. Nach dem Unglück auf der Duisburger Loveparade hatten sie im Rathausauftrag zu untersuchen, ob auf dem engen Brückenzugang zur Inselstadt ähnliche Gefahren lauern und was dagegen zu unternehmen ist. Die Experten kamen zum Ergebnis, dass die Kapazitätsgrenze auf der Brücke zu Stoßzeiten tatsächlich überschritten wird. Zur Entzerrung werden drei Varianten verglichen: eine temporäre zweite Fußgängerbrücke, eine andere Verkehrsorganisation und ein neues Festkonzept für die Insel.

Den Vorzug geben die Gutachter einer Änderung der Angebote auf der Inselstadt: „Vorstellbar wäre zum Beispiel das Fest auf der Insel unter dem Motto ,Insel der Ruhe und Gelassenheit’ zu gestalten“, heißt es in der den PNN vorliegenden Expertise. „Praktisch könnte das bedeuten, dass es auf der Insel keine Bühnen und keine Fahrgeschäfte gibt.“ Das Angebot würde stattdessen auf Menschen ausgerichtet, die „lieber in Ruhe durch die Gassen der Inselstadt schlendern wollen als sich in das dichte Gewühl eines Volksfestes zu stürzen“. Auch Familienangebote seien denkbar.

Einer zweiten Variante hatte Bürgermeister Werner Große (CDU) gegenüber den PNN aus Kostengründen bereits eine Absage erteilt: Für eine temporäre zweite Fußgängerbrücke gehen die Gutachter in einem Zeitabschnitt von zehn Jahren von Kosten zwischen 728 000 und 874 000 Euro aus. Die Differenz entsteht durch eine drei oder vier Meter breite Brückenversion. Die Brücke anzumieten, wäre sogar noch teurer.

Widerlager und Stützen müssten an der Südseite der bestehenden Brücke dauerhaft errichtet werden, der Überbau für das Blütenfest montiert und sonst eingelagert werden. Im neuen Zugangsbereich zur Insel müssten Schaustellerstände wegfallen. Auch die Gutachter sehen die zweite Brücke skeptisch, freilich nicht wegen der Kosten: „Zu klären ist, ob in einer Situation, in der die Inselbrücke verstopft ist, nicht auch die Kapazität der Flächen auf der Insel bereits erschöpft ist“, heißt es in der Expertise. „Gegebenenfalls könnte ein leistungsfähigerer Inselzugang die Probleme ins Innere der Insel verlagern.“

Im Rathaus dürfte daher auch mit der dritten Variante vom VIC-Büro geliebäugelt werden: einer geänderten Verkehrsorganisation. Mit Ausnahme von Rettungsfahrzeugen wäre die Brücke für den Fahrzeugverkehr dann gesperrt. Marktstände hinter der Brücke, in der Torstraße und im ersten Abschnitt der Uferstraße sollen wegfallen, um den Inselzugang aufzuweiten. Besucher, die auf die Insel kommen, sollen gleich hinter der Brücke von Ordnern südlich hinauf zum Mühlenberg geleitet werden. Die Gäste sollen den Markplatz dann „vorzugsweise“ über die Mühlenstraße erreichen. Wenn alles nichts hilft und sich eine Überfüllung der Insel abzeichnet, soll der Inselzugang weiträumig gesperrt werden, und zwar schon im Bereich Potsdamer Straße / Unter den Linden. Der Fußgängerstrom würde dann nur eine Richtung kennen: runter von der Insel.

Die Stadtverordneten wollen sich morgen Abend über das Gutachten verständigen. Bis dahin will das Rathaus mit der Polizei und den Veranstaltungsbüros über eine eigene Vorzugsvariante beraten. Die Gutachter lassen jedenfalls keinen Zweifel, dass Handlungsbedarf besteht: In der Zeit der größten Verkehrsdichte würden 10 000 Besucher pro Stunde die Insel betreten oder verlassen. Da sich auch hinter der Brücke und in der engen, marktbestandenen Torstraße der Fußgängerverkehr staut und mancher auf der Brücke verweilt, könnten sich in Spitzenzeiten stündlich über 12 200 Menschen auf der Brücke befinden. Eine halbwegs freie Tempowahl und ein Verkehr in beide Richtungen sei nur bei bis zu 9000 Menschen möglich.

Am schlimmsten sei es, wenn auf einer der beiden Bühnen Konzerte beginnen oder aufhören, besonders am 1. Mai und am zweiten Festsamstag. „Der Besucherandrang führt zu einer Situation, in der die Sicherheit der Festbesucher nicht mehr gegeben ist“, warnt das Büro VIC.

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