
© Tobias Reichelt
Potsdam-Mittelmark: Brand in historischem Reetdachhaus
Großeinsatz der Feuerwehr in Philippsthal: Bewohnerin konnte sich rechtzeitig vor den Flammen aus ihrem schilfgedecktem Haus retten
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Nuthetal - Bei einem Brand in Philippsthal ist am Freitagvormittag eines der wenigen verbliebenen historischen Reetdachhäuser der Region zerstört worden. Aus noch ungeklärter Ursache hatte sich das Feuer gegen 10.30 Uhr in der Dorfstraße 5 entzündet. Innerhalb von Minuten stand das Schilfdach des denkmalgeschützten Gebäudes aus dem 18. Jahrhundert in Flammen. Die einzige Bewohnerin blieb unverletzt.
Laut Augenzeugenberichten züngelte das Feuer meterhoch über den Schornstein des eingeschossigen Baus hinaus. Stundenlang stand eine weit sichtbare Rauchsäule während der Löscharbeiten über dem Dorf. Ein kräftiger Wind verteilte den Brandgeruch kilometerweit. Wie Einsatzleiter Jan Ehlers von der Feuerwehr Teltow den PNN sagte, hatte die Bewohnerin das Feuer rechtzeitig bemerkt und konnte sich retten. Die Frau musste von Rettungskräften der Feuerwehr versorgt und beruhigt werden. Ihr Haus ist nicht mehr bewohnbar. Sie kann vorerst bei einem Familienangehörigen wohnen.
Auch eine ältere Dame im Rollstuhl aus dem direkt angrenzenden Nachbarhaus überstand den Brand unverletzt. Die Feuerwehr konnte verhindern, dass die Flammen auf ihr zweigeschossiges Wohnhaus übergreifen. Allerdings hat sich der Brandgeruch in ihrer Wohnung festgesetzt. Aus dem Nuthetaler Rathaus hieß es, dass die Frau vorübergehend in einem Saarmunder Seniorenheim untergebracht wurde.
Zur Brandursache ermittelt nun die Kriminalpolizei. Ein technischer Defekt könne nicht ausgeschlossen werden, wie es hieß. Für die Löscharbeiten, die bis zum frühen Nachmittag andauerten, wurde die Philippsthaler Dorfstraße gesperrt. Insgesamt waren rund 40 Feuerwehrleute aus Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf, Nuthetal und Güterfelde im Einsatz. Mit Atemschutzmasken machten sich die Männer und Frauen daran, das Reetdach Stück für Stück abzutragen.
Laut Einsatzleiter Ehlers war das die einzige Chance, dem Brand Herr zu werden. „Ein Schilfdach schützt das Haus vor Regen, aber auch vor unserem Löschwasser“, so der Feuerwehrmann. Von Flammen und Löschwasser wurde auch das Innere in Mitleidenschaft gezogen.
Der Kolonistenbau stammt noch aus der Gründerzeit Philippsthals im Jahr 1754. Um das damalige Preußen unabhängig von Textilimporten zu machen, wurde das Dorf als sogenanntes Spinnerdorf für 50 Familien gegründet. Für sie wurden dort etwa 25 schilf- oder strohgedeckte Fachwerk-Doppelhäuser errichtet. Jede der Familien erhielt vom preußischen König je einen Morgen Gartenland und Wiese sowie eine Kuh. Im Gegenzug mussten sie monatlich zwei Pfund versponnene Wolle abliefern. Die Manufakturen bestanden noch bis 1816.
Das abgebrannte Haus in der Dorfstraße war das letzte in Philippsthal mit einem Reetdach, sagte Andreas Kerkow von der Unteren Denkmalschutzbehörde. „Solch ein Haus ist einzigartig in Potsdam-Mittelmark.“ Im Landkreis gebe es nur noch etwa ein Dutzend solcher Gebäude. Erst im vergangenem Jahr hatte die Denkmalbehörde die knapp 5000 Euro teure Reparatur des Schilfdaches mit rund 2000 Euro gefördert.
Die Kosten für den Wiederaufbau des abgebrannten Hauses werden deutlich höher liegen. Kerkow stellte in Aussicht, eine weitere Förderung zu prüfen: „Weil uns das Haus wichtig und es ein hohes Gut ist.“ Tobias Reichelt
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