zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Bündnis sorgt sich um Stadtfest

„Netzwerk Tolerantes Teltow“ kritisiert Präsenz Rechtsextremer / Veranstalter widerspricht

Stand:

Teltow - Massive Kritik am Teltower Stadtfest ist aus dem „Netzwerk Tolerantes Teltow“ laut geworden. Das Fest werde zunehmend auch als Treff der rechten Szene missbraucht, hieß es beim jüngsten Treffen des Aktionsbündnisses am Mittwochabend. Wegen seiner Anziehungskraft auf rechtsextrem orientierte Gruppen gelte der Festplatz bei manchen jungen Leuten bereits als „No-go-Area“, wie Jugendliche bei dem Treffen berichteten. „Die Rechten flanieren durch die Festmeile und suchen geradezu nach Leuten, die sie verprügeln können“, erzählte ein junger Mann. Das laufe immer nach demselben Muster ab: schubsen, beleidigen, bedrohen und zuschlagen.

Die Konfrontation werde zwar bevorzugt auf Abendstunden verlegt, aber schon am Tage seien rechte Jugendliche präsent gewesen. Den meisten Besuchern würde das kaum auffallen, Glatze und Springerstiefel hätten als Outfit ausgedient. Für Laien kaum zuzuordnen gelten Symbole wie „18“ oder „88“ als Zahlencode für „Adolf Hitler“ und „Heil Hitler“. Solche Symbole seien immer wieder an der Kleidung junger Gäste gesichtet worden. Auch das berüchtigte „White-Power“-Symbol sei aufgetaucht, die weiße Faust steht weltweit für eine militant-rassistische Grundeinstellung. Zusätzliche Brisanz bekommt das Thema laut „Netzwerk“, weil an zwei Ständen des Stadtfestes mit Devotionalien der rechten Szene gehandelt wurde. Eine Polizeistreife musste deshalb einschreiten. Bei der Polizei war gestern niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Von Netzwerk-Mitgliedern wurde der „Thor-Hammer“ und die sogenannte „Schwarze Sonne“ bei Händlern gesichtet, das zwölfspeichige Sonnenrad gehört seit Jahren zum Dresscode der Szene. Auch Haushaltswaren mit Runenzeichen sowie einschlägiger Schmuck seien angeboten worden. Schon im Vorfeld des diesjährigen Festes hatte die Initiative angeregt, Händler zu verpflichten, fragwürdige Symbole auf Teltows Stadtfest nicht mehr anzubieten. Bislang sei das nicht umgesetzt worden.

Auf PNN-Nachfrage widersprach Stefanie Herfurt von der Fest-Agentur Brando der Darstellung: „Es gab viele Multikulti-Stände auf dem Stadtfest, die Atmosphäre war familiär und friedlich und es gab keinerlei Ausschreitungen.“ In Verträgen mit Händlern und Ausstellern sei verankert gewesen, dass verbotene Symbole und Waren nicht angeboten werden dürfen. Das Ordnungsamt der Stadt habe die Stände überprüft. Doch nicht alle spezifischen Codes der rechten Szene seien ihr bekannt, sagte die Agentur-Chefin.

Lediglich an Brieföffnern und Schwertern eines „Mittelalter-Händlers“ habe eine Polizeistreife Anstoß genommen, weil die Artikel gegen das Waffengesetz verstoßen würden, so Herfurth weiter. „Die Informationen des ,Netzwerks tolerantes Teltow entsprechen nach Rücksprache mit der Security, der Polizei und Festbesuchern nicht den Tatsachen.“ Bedauerlich sei, dass im Nachhinein solche Vorwürfe laut würden. „Es gab reichlich Security-Mitarbeiter und Polizeibeamte auf dem Fest, die bei Problemen ansprechbar gewesen wären. Zu keinem ist Irgendjemand gekommen.“

Doch womöglich spiegelt sich auf dem Fest auch ein Teltower Grundproblem wider: Das Netzwerk registriert einen wachsenden Trend, in Teltower Wohnvierteln „braunen Duftmarken“ zu setzen. Allen voran wirbt die „Heimattreue Deutsche Jugend HDJ“ seit Monaten mit Aufklebern im Flussviertel und der neuen Wohnstadt. Gestern gab es eine bundesweite Großrazzia gegen die HDJ.

Aufkleber abreißen allein genüge nicht, sagt Dietmar Vieweger, Sprecher der Initiative. Mit Lesungen, Website und Ausstellungen kläre die Initiative daher unermüdlich auf. „Denn Rechtsextreme sind hartnäckiger als manche Demokraten“, so Vieweger. Bei den Verantwortlichen des Stadtfestes wolle man darauf drängen, mit Festinhalten mehr Flagge gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit zu zeigen. „Teltow – Ort der Vielfalt“ sollte zum Festmotto werden, meint Vieweger. Kirsten Graulich, Henry Klix

Kirsten Graulich, Henry KlixD

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })