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Zum Jahresende sollen die neuen Büroräume der Genossenschaft in der Mainzer Straße in Werder bezogen sein.

© E. Bellin

Ärger in Werder: Büro statt Bürgersteig

In Werder baut die Genossenschaft Havelblick ein neues Bürohaus, direkt auf dem Gehweg. Die Anwohner reagieren verärgert, ein Stadtverordneter fordert nun den Rückbau.

Von Enrico Bellin

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Werder (Havel) - Die Anwohner in der Mainzer Straße in Werder sind sauer: Vom gepflegten Grünstreifen vor ihrem Plattenbau ist kaum noch etwas übrig und der Gehweg ist so schmal geworden, dass man die Straßenseite wechseln muss. Der Grund: Ihre Wohnungsbaugenossenschaft Havelblick eG baut seit dem Frühjahr ein neues, einstöckiges Bürogebäude direkt an den Plattenbau.

Der Büroneubau verärgert die Anwohner

„Hier ist soviel Platz rundherum, da kann ich nicht verstehen, warum die Genossenschaft direkt vor unserer Tür bauen muss“, sagt ein Mieter aus dem ersten Stock, der nicht namentlich genannt werden will. Direkt unter seinem Fenster entsteht der Neubau, ihm werde dadurch die Sicht auf die Straße genommen. „Ich kann jetzt nicht mehr mit geöffnetem Fernster schlafen, über das Dach des Anbaus könnten Einbrecher dann ja einfach hereinspazieren.“ Auch das Umfeld würde leiden: Eine Nachbarin hatte vor dem Haus sonst immer einen kleinen Garten gestaltet, der sei ihr durch den Büroneubau weggenommen worden.

Wütend über den Bau der Genossenschaft, in dem ab Dezember die vier Havelblick-Angestellten ihre Büros haben sollen, ist auch der Stadtverordnete Peter Hinze (Linke), der selbst im benachbarten Hamburger Ring wohnt. „Der Bürgersteig auf dieser Hauptachse vom Wohngebiet in die Innenstadt ist von vier Metern Breite durch die Bauarbeiten auf 50 Zentimeter geschrumpft“, so Hinze gegenüber den PNN. Er hätte selbst gesehen, wie Frauen mit Kinderwagen beim Überqueren der Baustelle fast von Autos überfahren wurden. „Die Fußgänger, die vor der Baustelle die Straße queren müssen, sind ja durch den Rohbau für abbiegende Autofahrer kaum zu sehen.“

Ist der Bau rechtmäßig?

Hinze will nun einen Antrag in die Stadtverordnetenversammlung einbringen, der die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Baues fordert. „Notfalls würde ich sogar einen Rückbau des Gebäudes fordern, da ich die öffentliche Sicherheit gefährdet sehe“, so der Stadtverordnete.

Auch bei der Stadtverwaltung ist man über den Neubau nicht glücklich, sieht jedoch keine Handlungsmöglichkeit. „Wir haben dem Kreis unser Einvernehmen beim Bauantragsverfahren signalisiert, da der Neubau auf Privatgelände der Genossenschaft entsteht und wir keine rechtliche Handhabe dagegen haben“, so Werders 1. Beigeordneter Christian Große (CDU). Die Genossenschaft hätte laut Große im Wohngebiet, in dem eine Tempo 30-Zone eingerichtet ist, sicher anders bauen können. Eventuelle Rückbauforderungen von Stadtverordneten seien aber an den Landkreis zu richten.

Wenn das Gerüst weg ist, gibt es genug Platz

Der hat bereits im Februar die Baugenehmigung für den Anbau an zwei Seiten des Wohnhauses erteilt, da nach dem Bau wieder ein rechtlich ausreichender Gehweg von 1,50 Metern Breite zur Verfügung stehe, wie Kreissprecherin Andrea Metzler bestätigte.

Auch Maik Falkenthal, Vorstandsmitglied der Havelblick eG, betont, dass nach dem Entfernen des Baugerüstes wieder ein ausreichend breiter Gehweg zur Verfügung stehe. Die Genossenschaft brauche die neuen Büroräume, die zum Dezember fertig werden sollen, da die Mitarbeiter derzeit in zwei Wohnungen direkt hinter dem Neubau untergebracht sind. „Die sind als Wohnungen gewidmet, und wir wollen kein Verfahren wegen Zweckentfremdung riskieren“, so Falkenthal. Da das Grundstück vor dem Haus der Genossenschaft gehört, spare sie und damit auch ihre Mieter Geld mit dieser Bauvariante.

Genossenschaftsmitglieder wurden vorab informiert

Zwar falle der Grünstreifen vor dem Haus weg, der eigentliche Gehweg werde aber nur um 50 Zentimeter kleiner, da man das breite Grün ja vorher auch nicht betreten sollte. Das Dach des Neubaus werde außerdem begrünt, sodass auch die Bewohner mit dem Fenster darüber einen schönen Ausblick aus ihren Wohnungen hätten. Zudem seien die Genossenschaftsmitglieder auf Versammlungen über den Bau informiert worden.

Auch die Verkehrssituation soll sich entspannen. „Wir wollen auf unsere Kosten einen verkehrsberuhigten Bereich einrichten lassen, sodass Autos nur noch mit Schrittgeschwindigkeit fahren“, so Falkenthal. Die Genossenschaft habe bei der Stadt auch vor Wochen einen Antrag gestellt, einen Zebrastreifen gegenüber der Baustelle einzurichten, um Fußgängern ein sicheres Überqueren der Straße zu ermöglichen. „Das wurde von der Stadt jedoch ohne Begründung abgelehnt“, so Falkenthal. Und das, obwohl die Havelblick eG den Zebrastreifen bezahlen wollte.

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