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Flüchtlinge in Neuseddin: Camp für Selbstversorger

In Neuseddin werden am Freitag die ersten Flüchtlinge erwartet, 35 Container sollen 175 Menschen Platz bieten. Vorab konnten Anwohner die Unterkunft besichtigen. Die Stimmung ist zwiespältig.

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Seddiner See - Die Anwohner des neuen Flüchtlingsheims in Neuseddin betrachten die Wohncontainer mit kritischem Blick. „Das soll es also sein“, sagt ein älterer Herr. Ein anderer erwidert: „Was hatten wir denn damals auf der Flucht gehabt?“ Am Dienstag konnten sich Einwohner in Neuseddin die neue Flüchtlingsunterkunft am Breitenbachplatz ansehen.

35 Container reihen sich auf dem rund 7000 Quadratmeter großen Grundstück Wand an Wand. „Fünf Personen haben in einem Wohncontainer Platz“, sagt Heinz Wachowski, Fachbereichsleiter Interner Service vom mittelmärkischen Landratsamt. Insgesamt ist Platz für 175 Menschen. Die ersten Flüchtlinge kommen voraussichtlich am Freitag.

Noch ist nicht bekannt, wer kommt

„Wir erfahren erst am Donnerstagabend per E-Mail, ob Flüchtlinge kommen und wie viele es sind“, so Wachowski. „Es kann aber auch sein, dass sie erst am Montag kommen.“ Bis dahin muss für die ersten 60 Personen alles fertiggestellt und funktionsfähig sein. Noch sind jedoch nicht alle Container komplett ausgestattet. Es fehlen unter anderem noch Fußbodenbeläge und Schränke. „Der Lastwagen sollte um 10 Uhr in unserem Zentrallager in Güterfelde ankommen und um 13 Uhr war er dann da.“

Aus welchen Ländern die Flüchtlinge kommen, die am Breitenbachplatz auf dem Areal des einstigen Ärztehauses untergebracht werden, ist noch völlig offen. Auch ob es sich überwiegend um Familien oder Alleinreisende handelt, ist den Organisatoren noch nicht bekannt. „Alles entscheidet sich operativ“, sagt Landkreissprecherin Andrea Metzler.

Kritik am Areal

Die Stimmung unter den Neuseddinern ist zweigeteilt. „Irgendwo müssen sie ja untergebracht werden und es wird ja auch irgendwann für die Flüchtlinge wieder ein besseres Leben geben, als in Containern zu leben“, sagt eine ältere Anwohnerin, die mit ihrem Mann gekommen war. Doch es gibt auch kritische Töne. „Ich werde abends nicht mehr allein auf die Straße gehen und das Fahrrad schließe ich ab sofort weg“, sagt eine direkte Anwohnerin des künftigen Flüchtlingsheims. „Ich habe Angst.“

Bereits im Vorfeld gab es Kritik an dem Areal. Laut Bürgermeister Axel Zinke (parteilos) ist das Grundstück für die Anzahl der Container zu knapp bemessen. Ein weiterer Kritikpunkt ist die unzureichende Infrastruktur. Ein kleiner Netto-Einkaufsmarkt im Ort mache die Versorgung schwer. Auch einige Anwohner vor Ort äußerten sich skeptisch, ob der Standort am Breitenbachplatz eine gute Wahl sei. „Was sollen sie denn hier machen?“, fragt ein Anwohner. „Ich glaube nicht, dass die hierherkommen und dann die ganze Zeit in ihrem Container bleiben.“ Das Containercamp liegt in der Nähe des Bahnhofs in Neuseddin. „Dort fährt stündlich der RE7 nach Dessau und Berlin“, sagt Kreissprecherin Metzler. Zudem fahre regelmäßig ein Bus. Eine bessere Anbindung gibt es an keinem anderen Flüchtlingsheim, so Metzler.

Das Areal am Breitenbachplatz wird vom Landkreis für viereinhalb Jahre von Architekt Carsten Schwiering gemietet. Schwiering saniert das ehemalige Ärztehaus derzeit gemeinsam mit einem Geschäftspartner. In dem Haus sollen rund 25 barrierefreie Ein- bis Drei-Zimmer-Wohnungen entstehen. „Im Spätsommer oder Herbst nächstes Jahr wollen wir fertig sein“, sagt Schwiering. Geplant ist, laut Metzler, dass die Flüchtlinge dann das Haus nutzen können und die Container dort nicht mehr benötigt werden. Geprüft werde derzeit noch, ob es eine vertraglich festgeschriebene Option auf Verlängerung der Mietdauer durch den Landkreis gebe. „Wir wissen nicht, wie viele Flüchtlinge in den nächsten Monaten in den Landkreis kommen werden“, sagt Metzler. 

Björn Stelley

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