Potsdam-Mittelmark: Chancen und Risiken zum zehnten Geburtstag
Heimvolkshochschule plant neue Tagungskapazitäten / Kürzung der Zuwendungen könnte Einrichtung in Bedrängnis bringen
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Heimvolkshochschule plant neue Tagungskapazitäten / Kürzung der Zuwendungen könnte Einrichtung in Bedrängnis bringen Seddiner See. Schon in den ersten Monaten ihres Bestehens deutete sich an, was eine Heimvolkshochschule auf dem Lande von städtischen Einrichtungen dieser Art unterscheiden kann: Als im Winter 1993/94 eine Seminarreihe für weißrussische Agrarexperten abgehalten wurde, äußerten sie den Wunsch, im zugefrorenen Seddiner See baden zu gehen. „Wir haben einen ganzen Vormittag gebraucht, um mit der Motorsäge eine Stelle freizubekommen“, erinnert sich Schulleiter Dr. Klaus Benthin. Es lohnte sich, nicht nur für die Eisbader. Jeden Morgen um 8 Uhr sammelten sich Gäste der Schule an den Fenstern, um dem Schauspiel beizuwohnen. „Wir verstehen uns als eine Stätte der Begegnung“, sagt Benthin, als Mitbegründer der „Heimvolkshochschule Seddiner See“ unbestritten die Seele des Hauses. „Ein schlechter Referent kann nur durch gutes Essen wieder wettgemacht werden“, lautet sein mit bekannter Heiterkeit vorgetragenes Kredo. Am Dienstagabend feierte die Einrichtung ihr zehnjähriges Bestehen – mit prominenten Gästen wie dem Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner und Agrarminister Wolfgang Birthler. Doch vor der Party mit Jazzband stand – wie konnte es anders sein – der Bildungsauftrag. Zum Seminar „Polen und Deutschland – Partner oder Konkurrenten im erweiterten europäischen Boot“ waren u.a. auch Vertreter des polnischen Landwirtschaftsministeriums angereist. Seitdem Klaus Benthin mit seinem Jugendfreund Hans-Christian Maaß – heute Vorstandssprecher des Trägervereins „Ländliche Heimvolkshochschule Seddiner See“ – und dem Pfarrer Wolfgang Rein den Stein ins Rollen brachte, ist am Nordwestufer des Seddiner Sees viel passiert. Unter dem Dach des ehemaligen NVA-Ferienheims entstand eine Bildungseinrichtung, die Lust auf mehr macht. Nicht umsonst spricht der Präsident des Landesbauernverbandes, Udo Folgart, davon, dass der Standort noch an Bedeutung gewinnen wird, wobei er auf den Umzug des Deutschen Bauernverbandes von Bonn nach Berlin im Jahr 2005 verweist. Mit der Andreas-Hermes-Akademie – dem Bildungswerk der Deutschen Landwirtschaft – wird bereits an einem Konzept gestrickt Schon jetzt garantiert ein bunter Mix an Nutzern ständige Betriebsamkeit am Seeufer. Der Landkreis Potsdam-Mittelmark, die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg und der Landesbauernverband füllen als Mitglieder des Trägervereins die Heim-VHS mit quirligen Lerninhalten. Von Spargelinnovationen bis zu Chancen der Dorferneuerung, von artgerechter Rinderzucht bis zu Nutzungsmodellen für Dorfkirchen – das Spektrum ist weit gefächert und wurde in den vergangenen Jahre ständig verbessert und ausgebaut. Und auch private Bildungsträger können die großzügigen Seminarräume anmieten und die gepflegte Gastlichkeit genießen. Der Trend spricht für sich: Wurde 1993 zu 86 Seminaren eingeladen, waren es im vorigen Jahr 201 mehrtägige Seminare und 90 Tagesveranstaltungen, die von 5800 Teilnehmern besucht wurden. Einer der Dauerbrenner ist die 1993 gestartete „Brandenburgischen Landwerkstatt“: Bis heute konnten sich 4000 Teilnehmer aus 450 Dörfern über Chancen der Dorfentwicklung informieren. Auch baulicherseits hat sich auf dem alten Gelände der Oberförsterei Kunersdorf viel bewegt. In drei Bauabschnitten wurden alte Stallanlagen, das ehemalige Forsthaus und das durch die NVA gebaute Ferienobjekt saniert – 4,6 Millionen Euro wurden in das „Facelifting“ investiert. Ein vierter Bauabschnitt befindet sich, wie Benthin es nennt, noch in der „Traumphase“. Auf dem ehemaligen Appellplatz ist noch Raum für einen Veranstaltungssaal mit Seeblick. Gerade für überregionale Bildungsveranstaltungen, wie sie mit dem Umzug des Bauernverbandes erwartet werden, würden größere Tagungskapazitäten gebraucht. Neubau-Skizzen gibt es schon. Nur in einem bildet die Spitzeneinrichtung dann doch das Schlusslicht: Keine andere Heimvolkshochschule erhält eine so geringe öffentliche Förderung. Mit 46000 Euro beträgt der Zuschuss im Rahmen des Weiterbildungsgesetzes nur 35 Prozent, der Rest wird selbst erwirtschaftet. Für nächstes Jahr soll die Förderung nochmals um 20 Prozent gekürzt werden. „Das würde uns allerdings in Bedrängnis bringen“, hofft Benthin, dass sich die Pläne in Verhandlungen noch abwenden lassen. Henry Klix Die Heimvolkshochschule im Netz: www.hvhs-seddinersee.de
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