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Von Tobias Reichelt: City-Bus auf neuen Wegen

Fahrplan- und Streckenänderungen sorgen für Kritik bei Teltowern und der Agendagruppe Verkehr

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Teltow - Liselotte Kuhlmey packt mit einem lauten Klimpern ein 50-Cent-Stück vor den Busfahrer. „Ich mache heute eine Probefahrt!“ Eigentlich müsse man doch dafür nicht bezahlen, scherzt die 80-jährige mit dem Fahrer. Man kennt sich. Die Ruhlsdorferin nutzt schon seit Jahren die Teltower City-Bus Linie B. Doch seit gestern ist für Liselotte Kuhlmey alles anders – der City-Bus B fährt nach dem Fahrplanwechsel am Wochenende eine neue Strecke zu anderen Zeiten.

„Ich habe morgen einen Arzttermin und weiß gar nicht, ob ich rechtzeitig ankomme“, erklärt die Rentnerin. Mit winterfestem Hut und Handschuhen hat sie sich deshalb aufgemacht – zur Testfahrt eben. Schon seit Wochen haben ihre Freunde vom Ruhlsdorfer Seniorentreff versucht, an Informationen zum neuen Streckenverlauf des Teltower City-Busses zu kommen – ohne Erfolg, beschwert sich Lieselotte Kuhlmey. Sie ist mit ihrer Kritik nicht allein. Der Fahrplanwechsel erfolgte gestern ohne großes Trara.

„Wir haben praktisch erst vor zehn Tagen von der neuen Linienführung erfahren“, erklärt auch Detlef Fanter von der Teltower Verkehrsgruppe der Lokalen Agenda. Dabei war die Gruppe immer eng in die Planungen für neue Routenführungen eingebunden, beschwert sich Fanter. Kurz vor Ultimo hatten er und seine Mitstreiter noch versucht, am neuen Fahrplan zu drehen – mit mäßigem Erfolg. Mit dem neuen Streckenverlauf ist er nicht einverstanden: „Wir befürchten, dass sich die beiden Linien nun gegenseitig die Passagiere wegschnappen.“

Auch Fanter hat bereits am Morgen eine Probefahrt unternommen. Der Bus war angenehm gefüllt und pünktlich, berichtet er. Das Problem aus seiner Sicht: Die Linien A und B fahren durch Teltow nahezu parallel: Der B-Bus entlang der neuen Nordspange und der A-Bus entlang der Teltower Altstadt – zum Teil nur wenige hundert Meter voneinander entfernt. Früher unterschieden sich die Strecken deutlicher. Während die Linie A nicht von der Streckenänderung betroffen ist, werden mit der neuen Routenführung der Linie B einige Teltower Ortsteile, wie die gesamte Teltower Iserstraße, nicht mehr angefahren. Gleiches gilt für den Stahnsdorfer Obi-Baumarkt. Durch die Änderungen bräuchten Ruhlsdorfer Fahrgäste nun länger bis zu den Teltower Einkaufszentren, als früher, sagt Fanter. „Am liebsten hätten wir den alten Plan behalten.“

Die Havelbus-Verkehrsgesellschaft verteidigte den neuen Fahrplan. Schon Mitte November sei er bekannt gewesen, erklärte ein Havelbus-Sprecher gegenüber den PNN. Auch über Internet könne man die Pläne abrufen. Probleme am ersten Tag der Änderung seien normal. Die Bedenken der Teltower Verkehrsagenda zur neuen Strecke teile Havelbus nicht: „Gerade von den Ruhlsdorfern wurde eine bessere Anbindung an den Teltower S-Bahnhof gewünscht.“ Vom kleinen Teltower Ortsteil bestehe nun stündlich eine Verbindung zum S-Bahnhof. Zu niedrige Fahrgastzahlen hätten die alte Route über die Iserstraße unattraktiv gemacht.

Bereits seit sieben Jahren teilt sich Havelbus die Finanzierung des City-Busses mit der Stadt. Rund 50 000 Euro zahlt Teltow jährlich, um den niedrigen Fahrpreis von 50 Cent halten zu können. Im Schnitt nutzen wöchentlich rund 2000 Fahrgäste den City-Bus in Teltow. Zum Vergleich: In der Stadt Werder zählt der City-Bus wöchentlich rund 6500 Gäste. Von der neuen Teltower Linienführung verspricht man sich bei Havelbus, nun steigende Fahrgastzahlen. Besonders für Schulkinder soll das neue Angebot attraktiver geworden sein.

Zentraler Umsteigepunkt zwischen den zwei Linien bleibt weiterhin der Teltower S-Bahnhof. Während die Linie A auf alter Strecke einmal in der Stunde auf ihrem Weg zwischen dem Regionalbahnhof, der Altstadt und der Teltower Warthestraße am S-Bahnhof hält, fährt die Linie B den S-Bahnhof zweimal in der Stunde an und pendelt zwischen Ruhlsdorf und Warthestraße. Mit der neuen Linienführung des City-Bus B entlang der Teltower Nordspange bereite man sich auch auf zukünftige Gewerbe- und Wohngebiete in diesem Bereich vor, hieß es von Seiten der Havelbusgesellschaft.

Doch gerade darüber wundert sich Renterin Kuhlmey während ihrer Probefahrt, als der Bus neben einer Teltower Brache am Spangensystem hält: „Hier ist doch nichts.“ Zukünftig wird sie wegen der neuen Linienführung später beim Arzt sein. Auf den City-Bus verzichten will sie nicht: „Mit dem Fahrrad schaffe ich die Strecke nicht – da hilft auch nicht der Termin beim Arzt.“

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