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Von Gabriele Hohenstein: Dagobert lässt grüßen

Teltower drohte, KaDeWe in die Luft zu sprengen / Bewährungsstrafe und Therapie-Auflage

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Teltow – Man fühlt sich an den legendären Kaufhauserpresser Arno Funke alias Dagobert erinnert: Julius J.*  (22 ) aus Teltow soll am 13. Dezember vorigen Jahres insgesamt fünf Mal die Notrufnummer 112 der Brandenburger Feuerwehrleitstelle gewählt und 20 000 Euro, beim dritten Anruf dann 21 000 Euro verlangt haben. Die Geldübergabe sollte binnen 20 Minuten am alten Betonwerk an der Jahn- / Ecke Oderstraße erfolgen. Würde man seiner Forderung nicht nachkommen, soll der Arbeitslose gedroht haben, das Berliner Kaufhaus des Westens in die Luft zu sprengen. Die Polizei erschien pünktlich am vereinbarten Treffpunkt - allerdings ohne Geldkoffer. Julius J. kam auch und ließ sich widerstandslos festnehmen. Jetzt wurde er vom Schöffengericht wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Eine zweite Anklage legte dem Teltower Trunkenheit auf dem Fahrrad zur Last. Dafür kassierte er einen weiteren Monat. Beide Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt.

Die Alkoholfahrt gab Julius J. unumwunden zu. Zum Vorwurf der Erpressung hüllte er sich in Schweigen. Doch die Polizei konnte zweifelsfrei ermitteln, dass er der nächtliche Anrufer war. Beamte hatten seine Wohnung seinerzeit nach Material durchsucht, das sich zum Bau einer Bombe eignen würde. Sie entdeckten „unbekannte Flüssigkeiten“ sowie die leere Hülse eines Granatwerfers.

„Ich habe drei Telefonate entgegengenommen und den Mann ziemlich scharf gefragt, was dieser Blödsinn soll“, berichtete ein Mitarbeiter der Feuerwehrleitstelle vor Gericht. „Aber er wollte kein Gespräch. Er wirkte alkoholisiert, konnte seine Forderung allerdings klar hervorbringen.“ In der Tat hatte Julius J. an jenem Winterabend ziemlich tief ins Glas geschaut. Die ihm entnommene Blutprobe wies 1,73 Promille auf.

„Wir sind von der Rettungsleitstelle über die Anrufe informiert worden“, erzählte ein Polizeibeamter der Wache Teltow im Zeugenstand. Mit einem Kollegen fuhr er im Zivilfahrzeug in die Oderstraße, traf bald auf Julius J. „Mein Kollege kannte ihn schon von anderen Einsätzen. Wir haben seine Handy-Nummer mit der Nummer, die im Display des Notruftelefons erschien, überprüft. Sie stimmte überein“, so der Polizeizeuge.

Der Arzt, der Julius J. auf der Wache Teltow Blut abnahm, erinnerte sich während des Prozesses: „Er äußerte Suizidabsichten, war aber sehr aufgedreht und redselig. Normalerweise ist man in so einer Situation eher depressiv und ruhig. Mehrfach hat er wiederholt, er sei psychisch krank und habe sich schon öfter in Behandlung begeben.“ Julius J. sei mit einer Einweisung in eine Fachklinik einverstanden gewesen. Dort wurde er von Dr. Ulrich Wendt, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, auf seine Schuldfähigkeit untersucht. Er attestierte dem Teltower eine „Persönlichkeitsstörung mit infantilen, narzisstischen und emotional instabilen Zügen“, schloss eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Erpresseranrufe nicht aus.

„Julius J. sieht nicht ein, dass er ein Alkoholproblem hat. Unbehandelt besteht die Gefahr weiterer derartiger Straftaten“, so der Gutachter. Das Gericht machte deshalb die Teilnahme an einer ambulanten Drogenberatung zur Bewährungsauflage.

Gabriele Hohenstein

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