Potsdam-Mittelmark: „Dann musst du einfach ran“
Nach 45 Jahren wurde Alfons Schubert als Stadtwehrführer verabschiedet
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Nach 45 Jahren wurde Alfons Schubert als Stadtwehrführer verabschiedet Von Hagen Ludwig Beelitz - Es war Neuland für die Beelitzer Feuerwehrmänner, als sie Anfang der 1990er Jahre einen Abschnitt der Bundesautobahn zugeteilt bekamen. Die Bauarbeiten waren dort in vollem Gange, und manchmal wurden sie mehrmals am Tag zu Verkehrsunfällen gerufen. Oft waren sie zuerst am Einsatzort, mussten Verletzte versorgen, mitunter war jede Hilfe zu spät. Da gab es Situationen, die auch Alfons Schubert als gestandenen Feuerwehrmann Überwindung kosteten, mit denen er anfangs nur schwer zurecht kam. „Ich habe mir dann immer gesagt, wenn du die Uniform trägst, dann musst du einfach ran, persönliche Befindlichkeiten zählen nicht.“ Dies ist so etwas wie ein Leitspruch, den sich Schubert in seinen nunmehr 45 Jahren Dienst bei der freiwilligen Feuerwehr immer wieder ins Bewusstsein gerufen hat. Dieses Motto gab er auch als Vorgesetzter weiter, bis vor wenigen Tagen als Beelitzer Stadtwehrführer. Mit 63 Jahren will der ursprünglich aus Schlesien stammende Alfons Schubert jetzt etwas kürzer treten. Das Amt des Stadtwehrführers übergab er an den 44-jährigen Wilfried Allenfort. Im Schaukelstuhl indes ist der praktisch veranlagte Mann schwer vorstellbar. Schrittweise wolle er in den Ruhestand gleiten, sagt er selbst. Deshalb steht er zunächst noch als aktiver Feuerwehrmann bereit, wenn der Pieper zu einem Notfall ruft. Personal ist ohnehin knapp. „Für die meisten freiwilligen Feuerwehren im Land wird es immer schwerer, die Bereitschaft an den Wochentagen während der Hauptarbeitszeit abzusichern“, weiß er aus Erfahrung. Seine Ehefrau hat Verständnis dafür, dass er nicht mit einem Ruck den Feuerwehrhelm an den Nagel hängen kann. Als sie 1966 heirateten, war klar, dass die Sirene – und später der persönliche kleine Alarmpieper – so manchen familiären Plan durchkreuzen würden. Schubert hatte viele Hobbys, bevor er in den Ehehafen steuerte. Er spielte Fußball, war ein guter Reiter und auch im Dorfclub seines Heimatortes Buchholz aktiv. Nur die Feuerwehr gab er nicht auf, auch als die Familie immer größer wurde. Mittlerweile sind seine drei Töchter erwachsen, stehen auf eigenen Füßen. 1972 zog die Familie nach Beelitz um, und Alfons Schubert wurde dort stellvertretender Wehrleiter. 1991 wurde er dann zum Wehrleiter bestellt – da war der gelernte Tischler schon als Stadtarbeiter in Lohn und Brot – ein Vorteil in Sachen Organisation und Alarmbereitschaft. Zuletzt war er als Stadtwehrführer für fast 500 Kameraden in 14 Wehren aller Beelitzer Ortsteile, einschließlich der Jugendgruppen und des Fanfarenzugs, verantwortlich. „Da geht es nicht, wenn man nur einen Kopf für sich hat. Ich bin auf die Leute mit ihren jeweiligen Stärken eingegangen, ohne mir alles gefallen zu lassen“, blickt Schubert zurück. „Wichtig ist der Zusammenhalt bei der Feuerwehr. Oft sitzen wir nach den Einsätzen noch zusammen und reden über das Geschehene“, sagt Schubert. Das helfe dabei, die Erlebnisse zu verarbeiten. Einiges hat sich bei dem langjährigen Feuerwehrmann bis heute tief eingegraben. Als im heißen Mai 1976 ein großer Waldbrand auf einer Fläche von 400 Hektar bei Ferch wütete, waren auch die Beelitzer Kameraden tagelang im Einsatz. „Als die Flammen sogar über die Autobahn schlugen, waren wir der Verzweiflung nah“, erinnert er sich. „Bei aller Einsatzbereitschaft, uns hat damals einfach noch die richtige Technik gefehlt.“ Vor diesem Hintergrund weiß er die heutige Ausrüstung der Beelitzer Wehr zu schätzen. In der großen Garage an der Berliner Straße stehen moderne Löschfahrzeuge, ein Rüstwagen, ein Fahrzeug mit einer großen Drehleiter, ein Einsatzleitwagen und ein Mannschaftstransporter. Für technisch interessierte junge Leute könne das schon Motivation sein, bei der Feuerwehr anzufangen, neben dem guten Gefühl, anderen Menschen zu helfen. Doch der Nachwuchs kommt nicht in Scharen. Ein Grund sei auch, dass viele Arbeitgeber zunehmend weniger Verständnis für Einsätze an Werktagen zeigen. Deshalb freut sich Alfons Schubert, dass seine Familie auch künftig beim Brand- und Katastrophenschutz zur Stange halten wird. Ein Schwiegersohn und ein Enkel sind schon bei der Feuerwehr. Ein zweiter Enkel wird im nächsten Jahr dazu stoßen.
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