Potsdam-Mittelmark: Das Atelier in der Dorfkneipe
Dank Hans Hattop hat Philippsthal eine beachtliche Filmgeschichte. Zum Geburtstag hat er sie ausgekramt
Stand:
Dank Hans Hattop hat Philippsthal eine beachtliche Filmgeschichte. Zum Geburtstag hat er sie ausgekramt Philippsthal - Wer Peter Dordel am Donnerstagabend hinter dem Tresen seines Gasthofes Bier zapfen sah, mit der Routine von Jahrzehnten, der käme nicht auf die Idee, dass der Mann eine doppelte Filmkarriere hinter sich hat: als Schauspieler und Requisiteur. Diesen Eindruck bekam man zumindest am Donnerstagabend, als in Peter Dordels Gasthof die Geschichte des kleinen Ortes in bewegten Bildern präsentiert wurde. Der Philippsthaler Hans Hattop hatte den Abend inszeniert; sozusagen als Geburtstagsgeschenk an seine 181 Mitbewohner, die in dieser Woche das 250-jährige Jubiläum des Dorfs feiern. Überhaupt wäre der Abend ohne Hattop gar nicht möglich gewesen. Denn der Dozent an der Babelsberger Filmhochschule hat über knapp 30 Jahre, in denen er im Ort wohnt, eine beträchtliche Menge an „zappelnden Bildern“, wie er es nannte, zusammengefilmt. Genauer er und seine Frau. Karola Hattop hat mehrere Dutzend Spielfilme gedreht und dabei wie ihr Mann gern auf Darsteller aus dem Ort zurückgegriffen. Zum Beispiel eben auf den Wirt Peter Dordel, der in einem Filmausschnitt sozusagen sich selber spielt. Für sein Wortspiel, in dem aus einer Kuh der Satz: „Du hast doch “nen Vogel!“ wird, bekommt er einen lauten Lacher vom Publikum. In der Pause sagt Hattops Babelsberg-Gefährte Rolf Sohre zu ihm: „So ein dankbares Publikum kriegst du so schnell nicht wieder.“ Das sitzt dicht gedrängt im Veranstaltungssaal der „Dorfquelle“ – Peter Dordels Kneipe. Etwa 150 Leute sind gekommen: das halbe Dorf, zieht man die Gäste ab. Bevor es losgeht werden noch Stühle hereingetragen, manche stehen am Rand – der Saal ist voll, als Hans Hattop seine Filmschnipsel auf die kleine Leinwand wirft. Im Saal sind die Jalousien heruntergelassen, es ist stockdunkel, während draußen noch die Sonne scheint. 1975 sind die Hattops nach Philippsthal gezogen. Damit begann die Filmgeschichte des Ortes: Hans Hattop machte den Dorfkrug zu seinem Filmatelier. Wenn zum Beispiel mal ein Fahrrad gefehlt habe, erzählte Hattop, dann habe man sich an Dordel gewandt. Der habe gesagt: „Schaut euch einfach im Schuppen um.“ So wurde er zum Requisiteur der Truppe. Und dass es bei ihm Bier umsonst gab, hat die Studenten auch nicht gestört. In den Jahren 1985 und “86 hat Hattop einem angehenden Absolventen der Filmhochschule ein Drehbuch angeboten von einem Film über das Landleben. Und so drehten die beiden in Philippsthal die Dokumentation „Täglich mit den Füßen auf märkischem Sand“, der besonders den Bäuerinnen ein Denkmal setzt. Als die Frauen in einem Anhänger sitzend zur Kartoffelernte fahren, sagt eine alte Frau zu ihrer Nachbarin: „Da bin ich auch noch mitgefahren.“ Oft geht ein Raunen durchs Publikum, wenn alte Gesichter auftauchen, die wiedererkannt werden. Hauptdarstellerin ist Gerda Puhlmann, die ebenfalls in vielen Filmen von Karola Hattop mitgemacht hat. Ihre Sätze à la „Meine Familie ist aus der Uckermark, ich bin stur wie ein Panzer“ kommen an. Am Ende werden die Ausschnitte beschaulicher. Minutenlang beobachtet die Kamera ein Gruppe von Senioren bei Kaffee und Kuchen. Dann schaut man einer Großfamilie zu, die eine halbe Ewigkeit braucht, sich für ein Gruppenfoto zu positionieren. „In meinem Beruf lebt man ja vom Geschwätz“, sagt Hattop hinterher. Philippsthal sei für ihn so etwas wie eine Erdung. Am Ende von einem der Filme sagt eine Frau: „Wie schön ist das ländliche Leben “
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: