zum Hauptinhalt
Bewegend. Die Dreiräder kann man im Stehen oder im Sitzen fahren.

© conceptdrive

Potsdam-Mittelmark: Das Dreirad aus dem Bahnhof

Hersteller von Elektromobilen will für eine Million Euro Produktion nach Groß Kreutz verlegen

Von Enrico Bellin

Stand:

Groß Kreutz (Havel) - Eine Fabrik für Elektromobile, die man vor der Fertigungshalle gleich Probe fahren kann. Das ist die Vision für das seit Jahren verfallende Bahnhofsgebäude in Groß Kreutz, nur 15 Zugminuten von der Potsdamer Innenstadt entfernt.

Die Firma Conceptdrive GmbH aus Berlin, die das Bahnhofsareal 2013 erworben hat, will hier im kommenden Jahr die Produktion ihres Elektrodreirades sowie einen Fahrradverleih, ein Parkhaus für Räder und ein Café unterbringen. Geplant sind Investitionen von etwa einer Million Euro. „Derzeit ist die Produktion unseres Elektrorades auf mehrere Standorte in Europa und teilweise in den USA verteilt, das soll sich nun ändern", sagt Geschäftsführer Michael Renn. Etwa acht bis zehn Arbeitsplätze würden vor Ort entstehen, für den Anfang ist ein Produktionsvolumen von etwa 500 Elektromobilen pro Jahr geplant. Das könne später bei Bedarf ausgebaut werden.

Bei den Fahrzeugen handelt es sich um Elektrodreiräder, bei denen das Vorderrad angetrieben wird und die man im Stehen oder Sitzen fahren kann. Am Heck ist eine variable Plattform angebracht. Ein Einkaufskorb, ein großer Handwerkerkoffer oder eine Golftasche haben dort Platz. Je nach Version kostet das Mobil zwischen 2900 und 4300 Euro, es fährt bis zu 35 Kilometer pro Stunde schnell. Die Batterien reichen für etwa 40 Kilometer. „Die Nachfrage nach den Rollern ist bereits da, aber die Preise schrecken einige Käufer noch ab.“ Günstiger könne man Renn zufolge die Fahrzeuge derzeit aber noch nicht anbieten.

Das Groß Kreutzer Bahnhofsgelände soll nicht nur als Produktionsstätte dienen, vielmehr sollen die Besucher mit den Elektrorollern gleich Probe fahren. Der Bahnhof sei zudem attraktiv: „Er ist kultig und urban“, so der Geschäftsführer. „Das ist keine Industriehalle, zu der niemand gern hinfährt." Die Anbindung an das Bahnnetz sowie die Nähe zum westlichen Berliner Ring und der Havelradweg seien ideale Standortbedingungen. Wer an der Havel entlangfahren will, kann sich am Groß Kreutzer Bahnhof auch Pedelecs mieten. Das sind Räder, deren Elektromotor den Fahrer bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Kilometern pro Stunde unterstützt und die eine Reichweite von etwa 80 Kilometern haben.

Wer bisher täglich mit seinem eigenen Pedelec zum Bahnhof fährt, soll es künftig sicher unterstellen und sogar kostenlos laden können. Links neben dem Bahnhofsgebäude soll auf einer Fläche von 250 Quadratmetern ein Parkhaus für 75 Räder entstehen, zehn der Stellplätze sollen größer und mit Lademöglichkeit für die Elektroräder ausgestattet werden. Ein maroder Schuppen sowie veraltete Fahrradparker sollen Platz für das neue Parkhaus machen. Auf dem Bahnhofsvorplatz soll dazu eine Ladesäule für Elektroautos entstehen, aus der ebenfalls gratis Strom bezogen werden kann. Damit soll Michael Renn zufolge die Verbindung zwischen elektrischem Individualverkehr und der Bahn verbessert werden. „Wir müssen dieses Thema jetzt angehen, sonst gelingt der Wechsel zu umweltfreundlicher Mobilität nicht."

Um den Bahnhof für Touristen attraktiver zu machen, soll im Erdgeschoss ein Café einziehen. Bisher gebe es schon Gespräche mit möglichen Betreibern, nach der Genehmigung der Baupläne werde man Renn zufolge mit entsprechenden Verhandlungen beginnen.

Damit könnten Bahnreisende, die bisher nur in Bushaltestellen-ähnlichen Häuschen auf den Bahnsteigen Schutz vor Wind und Regen finden, künftig im Warmen bei einer Tasse Kaffee auf ihren Zug warten. Auch Toiletten für die Reisenden soll es dann wieder geben. Außerdem könnte der Café-Betreiber nach entsprechenden Verhandlungen mit der Bahn Fahrkarten verkaufen. Derzeit gibt es in Groß Kreutz weder einen Fahrkartenschalter noch Automaten. Das neue Angebot würde so nicht nur für Radfahrer, sondern auch für Bahnfahrer interessant werden. Mehr Komfort soll es künftig also für beide Gruppen geben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })