Potsdam-Mittelmark: „Das Gegenteil von Transparenz“ Geheimtreffen zu FNP und Blütentherme
Schwielowsee / Werder (Havel) - Die Öffentlichkeit war ausgesperrt: Mit großer Mehrheit, so heißt es zumindest von Teilnehmern, haben die Gemeindevertreter von Schwielowsee ein neues Gewerbegebiet im Landschaftsschutzgebiet bei Geltow auf den Weg gebracht. Es soll fünf Hektar groß sein und neben dem Containerhof der Richter Recycling GmbH entstehen.
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Schwielowsee / Werder (Havel) - Die Öffentlichkeit war ausgesperrt: Mit großer Mehrheit, so heißt es zumindest von Teilnehmern, haben die Gemeindevertreter von Schwielowsee ein neues Gewerbegebiet im Landschaftsschutzgebiet bei Geltow auf den Weg gebracht. Es soll fünf Hektar groß sein und neben dem Containerhof der Richter Recycling GmbH entstehen. Der schwarze Betriebshof befindet sich auf der „grünen Wiese“, Landesbehörden wollen ihn nicht länger dulden. Jetzt wolle die Gemeinde eine Befreiung vom Landschaftsschutz „für Richter und mehr“ durchsetzen, wie es heißt.
Die Entscheidung, wenn sie so getroffen wurde, könnte der Gemeinde auf die Füße fallen: Sie geht auf eine Geheimkonferenz am 14. Juni zurück. Zur als „Arbeitsberatung“ deklarierten Sitzung hatte Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (SPD) alle Gemeindevertreter eingeladen. Die Gemeindevertretung tagt laut Kommunalverfassung allerdings grundsätzlich öffentlich, solange nicht das öffentliche Wohl oder Privatinteressen gefährdet werden.
Solche Hinderungsgründe könne es nicht geben, wenn die städtebauliche Marschrichtung für die nächsten 15 Jahre festgelegt wird, findet der Geltower SPD-Mann und Umweltstaatssekretär a.D., Friedhelm Schmitz-Jersch. „Das Baugesetzbuch sieht bei der Flächennutzungsplanung eine ausgiebige Beteiligung der Öffentlichkeit vor.“ Gerade eine so wichtige Entscheidung wie ein neues Gewerbegebiet, von der viele am Ortsrand wohnende Geltower betroffen wären, dürfte nicht hinter verschlossenen Türen fallen. „Das ist das Gegenteil von Transparenz“
Auch in der Kommunalaufsicht des Landkreises hat man Bauchschmerzen. „Gegen nichtöffentliche Fraktionssitzungen ist nichts einzuwenden“, so der Chef der Kommunalaufsicht, Gernot von Arend, gegenüber den PNN. „Wenn sich die Gemeindevertretung zu einem Thema trifft, gilt aber das Öffentlichkeitsprinzip.“ Der Bürger müsse dem Flächennutzungsplanverfahren in allen Schritten folgen können. „Einzelne Abwägungsschritte dürfen nicht an der Öffentlichkeit vorbeigehen, Vorabsprachen kann es nicht geben.“ Die Kommunalaufsicht wird die Gemeinde um eine schriftliche Stellungnahme bitten, kündigte von Arend an. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass „die Öffentlichkeit umgangen“ wird.
Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) erklärte gestern auf Anfrage, dass in der Arbeitsberatung „kein neues Gewerbegebiet in Geltow beschlossen“ worden sei. „Im Rahmen einer Arbeitsberatung können keine rechtlich verbindlichen Beschlüsse gefasst werden“, so die Bürgermeisterin. Vielmehr seien auf Wunsch der Gemeindevertreter „rechtliche Handlungsspielräume der Bauleitplanung“ erörtert worden. Den Rahmen einer Gemeindevertretersitzung hätte eine solche Information gesprengt, findet Hoppe. „Die Beratung der Entwürfe des Flächennutzungsplans ist öffentlich erfolgt und wird auch in Zukunft öffentlich erfolgen. Den Vorwurf der Aussperrung der Bürger weisen wir zurück.“
Auch die Stadt Werder könnte in einem ähnlich gelagerten Fall bald Post von der Kommunalaufsicht bekommen. Es geht um die Blütentherme, das neue Freizeitbad in den Havelauen. Derzeit läuft ein Bebauungsplanverfahren für das Großprojekt, das im ersten Schritt wenigstens 18 Millionen Euro kosten wird. Die zwingenden Verfahrensschritte im B-Planverfahren: Aufstellungsbeschluss, Billigung des Vorentwurfs, öffentliche Auslegung, Abwägungs- und Satzungsbeschluss.
Den 50-seitigen, durch Gutachten ergänzten Vorentwurf haben Werders Stadtverordneten allerdings nie gesehen. Zur Verwunderung der Kommunalaufsicht wurde auf die „Billigung“ verzichtet, die Auslegung des Planentwurfs läuft bereits seit dreieinhalb Wochen. Inhaltlich handelt es sich um eine der wichtigsten Weichenstellungen für die Stadtentwicklungen in den kommenden Jahrzehnten.
Für Genehmigung und Bau will man offenbar keine Zeit vergeuden. Bürgermeister Werner Große (CDU) argumentierte auf Anfrage, dass der Verzicht auf die Billigung mit den Stadtverordneten abgestimmt sei. Die Mandatsträger hätten den Entwurf der mittelfränkischen Kristall Bäder AG ja schon gebilligt, als sie im Januar den Ausschreibungssieger kürten. „In der Bewerbung stand dasselbe drin wie jetzt im Bebauungsplanentwurf.“
Zudem hatte es auch in Werder eine Geheimkonferenz zu dem Thema gegeben: Am 19. April stellte die Kristallbäder AG die Pläne in allen Details der Stadtverordnetenversammlung vor. Die nichtöffentliche Sitzung war hier als „Informationsveranstaltung“ deklariert. Henry Klix
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