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Potsdam-Mittelmark: Das gute Beispiel von Glindow

In Potsdam-Mittelmark sollen Zuwanderer noch besser integriert werden

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Potsdam-Mittelmark - Den Beruf einer Käsemeisterin hat Irina Schröder einst in der Sowjetunion gelernt. Heute kreiert sie in der Bäckerei Reiher in Glindow phantasievolle Hochzeits- und Jubiläumstorten. Dazwischen lag ein langer Weg, wie sie jetzt auf der Integrationskonferenz der Landkreises Potsdam-Mittelmark berichtete. Vor sechs Jahren war Irina Schröder als deutschstämmige Spätaussiedlerin mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen – den festen Willen im Gepäck, so schnell wie möglich in der neuen, alten Heimat Fuß zu fassen. Schnell war ein sechsmonatiger Sprachkurs organisiert und erfolgreich abgeschlossen, doch mit einer Arbeitsstelle sah es schlecht aus.

Hoffnung brachte ein Projekt des AIB Potsdam / Belzig (Verein für Arbeitsmarktintegration und Berufsförderung). Sie gehörte zu einer Gruppe von Spätaussiedlern, die für ein Jahr an kleine und mittelständische Betriebe der Region vermittelt wurden. In der familiären Atomsphäre der Glindower Bäckerei hat sich Irina Schröder sofort wohl gefühlt.

„Die sprachlichen Barrieren waren bald abgebaut, schnell fand sie Kontakt zu den Kollegen“, erzählte ihre Chefin Kathrin Reiher. Es sei keine Frage gewesen, Frau Schröder nach dem Probejahr fest als Bäckerin einzustellen. Von ihrer positiven Erfahrung berichtete die Bäckereichefin einem benachbarten Fleischer, der mittlerweile auch einen Spätaussiedler beschäftigt.

So soll Eingliederung im Optimalfall funktionieren, und künftig müssten solche positiven Beispiele noch besser propagiert werden, sagte Marie-Luise Vetter vom Integrationsnetzwerk des Landkreises auf der Konferenz im Beelitzer Tiedemann-Saal. Etwa 1500 Spätaussiedler seien seit dem Jahr 2000 nach Potsdam-Mittelmark gekommen. Wieviele davon mittlerweile wieder umgezogen sind, sei nicht bekannt. Auffällig wäre jedoch, dass seit Inkrafttreten des neuen Zuwanderungsgesetzes vor knapp zwei Jahren die Zahl der Spätaussiedler rückläufig ist. So werden in diesem Jahr wohl nicht mehr als 50 nach Potsdam-Mittelmark kommen. Eine Ursache könnte sein, dass jetzt von allen Familienangehörigen im Herkunftsland ein Sprachtest gefordert wird. Dadurch würden sich allerdings auch die Chancen verbessern, für jeden Ankommenden nach einer individuellen Perspektive zu suchen.

„Gleichzeitig müssen wir uns um die kümmern, die schon längere Zeit hier sind, und sich dennoch nicht integrieren konnten“, betonte Marie-Luise Vetter. Darunter seien auch Jugendliche, die sich herausgerissen fühlen aus ihrer einstigen Heimat und mit Drogen in Kontakt kommen. Für sie werden spezielle Programme der Suchtberatung entwickelt.

Um alle Aktivitäten zu bündeln, soll jetzt für den Landkreis eine „Konzeption zur Integration bleibeberechtigter Zuwanderer und zur Verbesserung der Lebenssituation der Flüchtlinge“ beschlossen werden (siehe Kasten). Ein entsprechender Entwurf wurde vorgestellt, um ihn nach gründlicher Diskussion noch im kommenden Jahr vom Kreistag beschließen zu lassen.

Das Thema Integration von Zuwanderern werde in Potsdam-Mittelmark sehr ernst genommen, betonte Landrat Lothar Koch (SPD) als Gast der Konferenz in Belzig. „Gerade auf diesem Gebiet ist jedoch vieles nicht einfach per Gesetz sondern nur durch das Engagement der Bürger zu bewegen“, so Koch.

Irina Schröder hat gerade dies positiv erfahren. Ihre Familie ist endgültig in Deutschland angekommen. Ihre 19-jährige Tochter wird demnächst am Oberstufenzentrum Werder das Abitur ablegen, ihr 17-jähriger Sohn besucht die 10. Klasse. Und zum Geburtstag ihrer Bäckermeisterin – das hat mittlerweile Tradtion – revanchiert sich Irina Schröder für die herzliche Aufnahme, indem sie die Küche übernimmt. „Ihre Pelmeni sind einfach Spitze“, schwärmt Kathrin Reiher.

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