Potsdam-Mittelmark: „Das ist nichts für Goldgräber“
Der Irak ist für Unternehmer aus der Region ein riskanter Markt mit Chancen
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Der Irak ist für Unternehmer aus der Region ein riskanter Markt mit Chancen Von Michael Kaczmarek Potsdam-Mittelmark. Der Weg auf den irakischen Markt ist für mittelständische Unternehmer aus Potsdam-Mittelmark weit und beschwerlich. Einer der Wenigen, der es dennoch geschafft hat, ist Khalid Kallow. Seine Golmer Telekommunikations-Firma Tecnet hat inzwischen 20000 Empfangsgeräte für Satelliten-Fernseher an den Golf verkauft, weitere Aufträge sind in Aussicht. Dafür musste er viele Hürden teils mühevoll überwinden. Das erste Problem, die fremde Sprache, konnte Kallow dagegen schnell lösen. Er selbst ist Exil-Iraker, lebt seit 18 Jahren in Deutschland und kennt die arabische Sprache und deren Gesellschaft bestens. Zudem hat Kallow für sein Irak-Geschäft vier Deutsche mit irakischer Herkunft eingestellt. „Aufgrund meiner ursprünglichen Nationalität bin ich leichter in Kontakt mit Entscheidungsträgern vor Ort gekommen“, erzählt der Unternehmer. Dennoch würden ansich nur amerikanische und arabische Firmen an Aufträge kommen. Diese Vormacht konnte Kallow nur mit einem Kunstgriff umgehen: „Da sie keine Aufträge an deutsche Firmen vergeben, habe ich vor Ort eine irakische Ein-Mann-Firma, das bin ich, gegründet. So komme ich besser an kleinere Aufträge.“ Die großen Aufträge sind allerdings auch für den Golmer Firmenchef nur als Auftragnehmer amerikanischer Konzerne zu realisieren. Oder auch nicht: „Leider musste ich einen Millionenauftrag für große Satellitenempfangsanlagen wieder abgeben, weil ich das Sicherheitsproblem meiner Mitarbeiter nicht verantworten konnte“, bedauert Kallow. US-Soldaten könnten ja ihre eigene Sicherheit nicht garantieren, „wie sollen sie dann uns bei den monatelangen Installationsarbeiten beschützen?“, fragt sich Kallow. Zudem hätte er wegen des bankrotten Bankensystems mit einer knappen Million US-Dollar durch den heißen Wüstensand fahren und seine Gerätschaft unversichert von Jordanien nach Bagdad transportieren müssen. Da sind die Telekommunikationsanlagen, die Kallow seit Ende August durch drei seiner Mitarbeiter im Irak aufbauen lässt, besser abgesichert. „Wir agieren in diesem Fall als Unterauftragnehmer einer kuwaitischen Firma, die auch unsere Materialien von Kuweit nach Bagdad transportiert.“ Optimistisch blickt er trotz aller Schwierigkeiten nach vorn: „Ich bin mir 100 Prozent sicher, dass auch für die Deutschen viele Aufträge kommen werden, doch erst, wenn die Amerikaner ihre aggressive Politik vor Ort ändern und wenn die Banken wieder arbeiten.“ Mittelständische Firmen mit Irak-Ambitionen und entsprechenden Produkten sollten daher ihre Augen offen halten und gegebenenfalls über Kooperationen mit irakischen Firmen in diesen schwierigen Markt einsteigen, meint Kallow. „Den Irakern fehlt häufig das technische Knowhow und den Deutschen die Kenntnis der Sprache, der Kultur und der besonderen Umstände in dieser Region.“ Ein Mann, der diese beiden Seiten zusammenführen möchte, ist Rolfeckhard Giermann. Schon als früherer Handelsattaché der DDR in Bagdad kennt er die Region wie seine Westentasche und engagiert sich mit seiner Hennigsdorfer Firma Tasco als Berater mittelständischer deutscher Firmen. „Niemand hat in den letzten Jahrzehnten dort unten mehr gemacht als ich“, ist Giermann von sich überzeugt. Auch die GP Günter Papenburg AG mit ihrem Teltower Betriebsteil „teltomat“ wollte über den erfahrenen Wirtschaftsexperten an alte DDR-Kontakte im Irak anknüpfen. Bis Mitte der 80er Jahre lieferte teltomat schließlich etwa 50 Asphaltmischanlagen ins Zweistromland. Seit fünf Jahren hofft Michael Rahlfs, Geschäftsführer von teltomat, über den Ex-Diplomat auf diesem Markt wieder Fuß fassen zu können. Frustriert sieht er sich bis heute mit seinen Erwartungen enttäuscht. „Giermann vertritt zwar brandenburgische Unternehmen und hat zweifelsohne die besten Kontakte, aber bisher sind wir an keinen Auftrag gekommen“, so Rahlfs. Giermann dagegen ist sich seiner Sache sicher: „Ich pflege sehr gute Kontakte im Irak, aber der Straßenbau, für den die Geräte von teltomat spezialisiert sind, ist ein staatlicher Auftrag. Wenn mit einer eigenständigen irakischen Regierung auch wieder öffentliche Ausschreibungen kommen, wird auch teltomat über mich an ihnen teilnehmen“, so der Unternehmensberater. Giermann selbst vertritt insgesamt 20 deutsche Firmen und sieht mittelfristig sehr positiv in die Zukunft: „Ab Mitte nächsten Jahres wird es wieder aufwärts gehen“, ist er überzeugt. Giermann sei sicher, dass sich die Amerikaner bis dahin aus dem Irak zurückziehen. „Ich weiß das, da ich Leute kenne, die die Amerikaner hier weg haben wollen“, so der Berater. Gefragte deutsche Qualität Der Abzug der Amerikaner, eine eigenständig handelnde irakische Regierung und ein wieder aufgebautes Bankensystem sind auch für Jens Ullmann die Grundpfeiler für ein mögliches Engagement mittelständischer märkischer Unternehmen im Irak. Der Pressesprecher bei der IHK Potsdam hatte bisher etwa zehn Anfragen aus seinem IHK-Bereich zu diesem Thema. Wie der Berliner Experte unterstreicht auch Ullmann, dass mit jedem interessierten Unternehmer individuell geklärt werden müsse, ob das eigene Branchenprofil zur aktuellen Nachfragestruktur im Irak passt. Erst dann mache es Sinn, konkrete Schritte zu planen. „Zur Zeit sind im Irak Investitionen in allen Bereiche der Infrastruktur und natürlich im Bereich Erdöl, Erdgas vorrangig“, so der IHK-Sprecher. Doch selbst wenn eine mittelständische Firma ein gefragtes Produkt anbietet, betont Ullmann, war und ist der Irak ein schwieriger Markt. „Das ist nichts für Goldgräber und kurzfristige Spekulanten.“ Doch mittelfristig sei er von dem Erfolg deutscher Produkte im Irak überzeugt. „Die Qualität deutscher Produkte hat dort einen sehr guten Ruf. Und wenn die Iraker hoffentlich bald selbst entscheiden werden, dann kommen auch deutsche Anbieter aus der Region wieder zum Zug“, ist Ullmann überzeugt.
Michael Kaczmarek
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