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Potsdam-Mittelmark: Das Labor aus dem Koffer
Die Firma BioAnalyt hilft mit ihrem Analysegerät, weltweit Mangelernährung zu bekämpfen
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Teltow - Es ist ein unscheinbares Bürogebäude in der Teltower Rheinstraße, in dem ein Koffer gepackt wird, mit dem weltweit Mangelernährung bekämpft werden soll. Die BioAnalyt GmbH hat ein Set entwickelt, mit dem der Gehalt von Mikronährstoffen in Lebensmitteln oder im Blut gemessen werden kann. Dafür wurde sie am Freitag in Essen mit dem „Top 100 Siegel für Innovationskraft“ vom Wissenschaftsjournalisten Ranga Yogeschwar ausgezeichnet.
„Ohne die Kontrolle des Nährstoffgehaltes kann ein Mangel oder eine Überdosis bestimmter Stoffe im Körper kaum erkannt werden“, sagt Firmengründer Florian Schweigert. Früher war dafür ein ganzes Labor nötig. Schweigert hat mit seinem Team eine Methode entwickelt, die mit einem handlichen Analysegerät und einem Röhrchen mit der Testchemikalie auskommt. Die Flüssigkeit, deren Nährstoffgehalt getestet werden soll, wird in das Röhrchen gespritzt, das Ganze geschüttelt und für 30 Sekunden an das Analysegerät gehalten. Schon hat man das Ergebnis. Für sechs verschiedene Nährstoffe wie Vitamin A oder Jod gibt es die Sets, die bereits in 70 Ländern der Welt eingesetzt werden. Die Teltower haben nach eigenen Angaben weltweit das erste transportable Gerät, das den Vitamin A-Gehalt messen kann. Der Markt ist groß: Rund um den Globus gibt es etwa zwei Milliarden Menschen, die nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt sind.
Bioanalyt, das für sein Verfahren in diesem Monat bereits mit dem Brandenburger Innovationspreis der Ernährungswirtschaft ausgezeichnet wurde, liefert aber nicht nur die Technik. Das Unternehmen begleitet vielmehr Projekte, die die Ernährung der Menschen verbessern sollen. So war Managerin Simone Frey bereits dreimal im Indonesischen Jakarta, um ein Programm zu begleiten, das die Versorgung der Bevölkerung mit Vitamin A sichern soll. Bei 30 Prozent der Menschen vor Ort wurde ein Mangel festgestellt, der zu Blindheit oder dem Versagen des Immunsystems führen kann.
„Deshalb hat sich die Regierung entschieden, das Vitamin anderen Lebensmitteln zuzusetzen“, so Frey. Da die Indonesier viel frittiertes Gemüse essen, bietet es sich an, das Vitamin dem Speiseöl beizumischen. Ab Januar 2015 wird das Pflicht. Bis dahin werden die Ölhersteller geschult. Anschließend wird das Öl mit den transportablen Sets aus Teltow während der Produktion, beim Transport und im Supermarkt überwacht, um herauszubekommen, ob das Vitamin nicht durch zu viel Sonneneinstrahlung verloren geht. „Nach eineinhalb Jahren haben wir dann erneut das Blut der Menschen untersucht, um den Erfolg zu messen“, so Frey. Da sich die Versorgung der Menschen verbessert hat, beschloss die Regierung das Gesetz zur Beimischung des Vitamins.
Nun werden 30 regionale Labore mit der Messtechnik ausgestattet, um den Vitamingehalt im Öl ständig zu prüfen. Ein Teströhrchen kostet maximal sechs Euro. Die Preise für die Messgeräte reichen von 2 500 bis 8 000 Euro, je nachdem, welchen Nährstoff sie messen sollen. „Die herkömmliche Analyse von Vitamin A in Öl kostet etwa zehnmal so viel wie mit unserem Gerät“, sagt Florian Schweigert. Ein weiterer Pluspunkt sei, dass sein Unternehmen Komplettpakete verschickt. „In vielen Ländern der Welt ist es sonst sehr schwer, die entsprechenden Chemikalien zu bestellen.“
Außerdem kann fast jeder nach einer kurzen Schulung die Analyse durchführen. So arbeiten beispielsweise Zöllner in Ghana mit der Teltower Technik. Das afrikanische Land muss sein gesamtes Speiseöl importieren, auch hier ist der Zusatz von Vitamin A vorgeschrieben. Statt wie früher den Herstellern zu glauben, können die Zollbeamten nun blitzschnell kontrollieren, ob der vorgeschriebene Vitamingehalt auch wirklich erreicht wird.
90 Prozent des Umsatzes macht die Teltower BioAnalyt außerhalb der Europäischen Union. Derzeit sind hier 15 Menschen fest angestellt, dazu kommen drei Teilzeitkräfte. Vor Ort gibt es nicht nur Büroräume, auch die Testgeräte werden hier zusammengebaut und die Messröhrchen befüllt. In den vergangenen Jahren habe sich die Mitarbeiterzahl laut Florian Schweigert fast jährlich verdoppelt, aktuell sucht er einen Office-Manager mit guten Englischkenntnissen. Auch flächenmäßig will sich die Firma vergrößern: Derzeit nutzt sie nur die halbe Etage des 6. Stockes des Gebäudes, die andere Hälfte steht leer. Spätestens in zwei Jahren sollen auch dort Messgeräte für den weltweiten Einsatz produziert werden.
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