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Potsdam-Mittelmark: Das tückische „W“

Thomas Lähns über politisch korrekte Nummernschilder

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Die armen Wilhelmshorster! Gerade haben sie zur automobilen Heimatverbundenheit gefunden – und schon geraten sie ins Schleudern. Die Rede ist von der Buchstabenkombination „WH“, die bei immer mehr Einwohnern der Waldgemeinde hinter der Kreiskennung „PM“ auf dem Nummernschild prangt und unterwegs von ihrer Herkunft kündet. Eine unverfängliche Abkürzung – so dachten die Bürger jedenfalls bisher. Doch jetzt warnt der ortsansässige Historiker Rainer Paetau: Das Kennzeichen habe schon die Wehrmacht benutzt, „WH“ war die Abkürzung für das „Heer“ in Hitlers Armee.

„Dass Bürger ihre Verbundenheit mit ihrem Ort unter anderem mit ihrem Auto-Kennzeichen ausdrücken, ist ebenso ehrenwert wie ambivalent“, schreibt Paetau im Gästebuch der Homepage wilhelmshorst.de. Wenn der Ort nicht zum „Schlafplatz für Großstadt-Egozentriker“ verkommen soll, dann sei Lokalpatriotismus durchaus notwendig, räumt er ein. Für Jüngere stehe das Kürzel „WH“ selbstverständlich für Wilhelmshorst, doch dann kommt das große Aber: „Unsere Eltern und Großeltern wissen noch, dass es bis 1945 das Autokennzeichen für Fahrzeuge der Nazi-Wehrmacht war.“ Es sei verständlich, wenn ältere Besucher, gerade aus dem Ausland, irritiert reagieren würden. „Um vor derartigen Überraschungen gefeit zu sein, ist es immer gut, die eigene (Lokal-)Geschichte zu kennen“, fordert Paetau selbstbewusst. Er ist Herausgeber des Buches „100 Jahre Wilhelmshorst“, das vor zwei Jahren zum Jubiläum des Michendorfer Ortsteils erschienen ist. Ob auf einer der über 400 Seiten vor der Buchstabenkombination „WH“ gewarnt wird, konnte gestern nicht mehr recherchiert werden.

Wer jetzt seine Kennzeichen abschrauben will, um sich ein politisch korrekteres Kürzel zu besorgen, sollte weiter auf der Hut sein – denn das „W“ hat viele Tücken. Die denkbaren Kombinationen „WL“ und „WM“ sind ebenfalls vorbelastet, standen sie doch für „Luftwaffe“ und „Kriegsmarine“ der Wehrmacht. Unverfänglicher – aber weniger eindeutig – sind „WI“ (steht auch für den US-Bundesstaat Wisconsin), „WL“ (Winsen an der Luhe) oder „WM“ (Weilheim). Auf Nummer sicher geht man auch mit „MD“: Die Kombination steht zwar offiziell für Magdeburg, dürfte im Mittelmärkischen aber durchaus den Bezug zur Großgemeinde Michendorf herstellen.

Doch so universell, das ist gewiss, ist die Heimatverbundenheit in Wilhelmshorst dann doch nicht.

Thomas Lähns über politisch korrekte Nummernschilder

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