zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Das Wunder von Petzow

Der unlängst ausgebuddelte Backofen gab dem Ort den Namen. Jetzt steht ein Modell im Heimatmuseum

Stand:

Werder (Havel) - Als Archäologen im November am Rand von Petzow einen mittelalterlichen Backofen freigelegt hatten, wussten sie sofort, dass es ein besonderer Fund war. Inzwischen gibt es weitere Erkenntnisse, die bestätigen, dass es sich um ein kleines archäologisches Wunder handelt: Der außergewöhnlich große Lehmofen wurde wahrscheinlich auch von Nachbardörfern genutzt. Und er hat dem Ort wohl einst seinen Namen gegeben. Der slawische Name Petzow bedeutet „Ort an einer Backstelle“, sagt Archäologe Thomas Langer, der gerade seinen Abschlussbericht über den spektakulären Fund verfasst.

Als der Ortsname in den 1960er-Jahren sprachwissenschaftlich analysiert wurde, wusste niemand, dass unter Erdschichten am Ortsrand tatsächlich ein viereinhalb mal sechs Meter großer Lehmbackofen existierte. „Insofern kommt dem Ofen nicht nur besondere wissenschaftliche Bedeutung durch Erhalt und Größe zu, sondern er war möglicherweise bereits vor Jahrhunderten namensgebend für einen ganzen Ort“, sagt Langer. Es könne von einem historisch sehr bedeutenden Fund gesprochen werden.

Anders als geplant wurde die Fundstelle an der Straßenbaustelle Petzow-Ferch nicht abgetragen, sondern mit Abschluss der Bauarbeiten mit einem Vlies gesichert, wieder zugeschüttet und für die Nachwelt geschützt, freut sich der Chef des Heimatvereins, Karl-Heinz Friedrich. Am Fundort steht jetzt auch eine Informationstafel. Damit der Ofen nicht ganz von der Bildfläche verschwindet, ist im Heimatmuseum „Waschhaus“ im Petzower Park seit einigen Tagen ein Modell des aus dem 14. Jahrhundert stammenden Artefaktes ausgestellt.

Dort erfahren die Besucher auch, dass die Fundstelle aus mehreren Schichten bestand. Die tiefsten Erdschichten unter dem Ofen belegen, dass hier schon in der Jungsteinzeit vor 5000 Jahren Menschen lebten. In der Schicht darüber gab es Spuren des slawischen Mittelalters, darüber ein Schichtenpaket des deutschen Mittelalters bis Ende des 14. Jahrhunderts. Der Lehmkuppelofen ist so gut erhalten, weil er in den Jahrhunderten danach von Flugsand überdeckt wurde, schließlich wuchsen Bäume und Sträucher darauf.

Seit 1195 hatte Kloster Lehnin den Zehnten des Dorfes Priscere, etwas südwestlich des heutigen Petzows, erhalten. Der slawische Siedlungsname wurde bald von „Tesekendorf“ abgelöst – für Archäologe Langer ein Beleg für den im Zuge des Landesausbaus steigenden Zuzug deutscher Siedler an die Zauche. Das Kloster besaß, offenbar von Tesekendorf aus unterhalten, mehrere Garnzüge zur Fischerei auf dem Schwielowsee, zu denen sich bald die Fischereizünfte von der Potsdamer Brücke bis zum Markgrafenhorn bei Caputh und Ferch gesellten.

Möglicherweise, vermutet Langer, wurden im Ofen, der wie eine Landmarke gewirkt haben muss, auch Fische gedörrt. Unmittelbar neben dem Ofen wurden ein Stampflehmboden, womöglich von einer früheren Backstube, gefunden. Von dort gelangte man über Trittsteine auf die Ofenkuppel. Nach dem Feuerungsprozess wurden alle Öffnungen zum Halten der Temperatur verschlossen, auch der Schlot auf der Kuppel. Unter dem Ofenboden befindet sich eine Packung aus mittelgroßen Findlingen – ein Wärmespeicher während des Betriebs.

Die Funde würden belegen, dass es nicht der erste Ofen an dieser Stelle war. Langer vermutet, dass die Backstelle über mehrere Generationen bis ins 14. Jahrhundert existierte. Hoch gelegen, prägte der Ofen auch danach die Landschaft. Schließlich gab er dem nebenan wachsenden Petzow seinen Namen. Henry Klix

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })