KulTOUR: Das Zwerchfell strapaziert
„Theater am Weinberg“ präsentierte im Kleinmachnower Rathaussaal Shakespeares „Komödie der Irrungen“
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Kleinmachnow - Es ist nicht immer, wie es auf den ersten Blick scheint, zumindest in Shakespeares Theaterwelt. Schon der Titel „Komödie der Irrungen“ verspricht doppelbödigen Spaß, das richtige Stück für die jüngste Sommerinszenierung des Theaters am Weinberg (TAW). Die hatte am Freitag im Kleinmachnower Rathaussaal Premiere und das Ensemble bewies, dass die eigentlich als schwierig bespielbar geltende Stätte durchaus ihre Reize hat – vorausgesetzt, die Akteure haben genügend Fantasie.
Dass die TAWler – die meisten von ihnen Schüler des Weinberggymnasiums – da keinen Mangel haben, weiß das Stammpublikum längst. Und so erlebten rund 200 Zuschauer ein erfrischendes Spiel, in das auch gleich das Außengelände des Saals einbezogen wurde. Den weit geöffneten Türen verdankte das Publikum manche Labsal an diesem schwülen Sommerabend. Besonders erquicklich waren aber die Dialoge, an denen Regisseurin Kathrin Heilmann mit dem Team gefeilt hatte. So gab es manchen Seitenhieb auf aktuellen Schönheitswahn und die Geldgesellschaft.
In der turbulenten Komödie geht es um Zwillinge, die als Kinder durch einen Schiffbruch voneinander getrennt wurden. Beide haben Diener – ebenfalls ein Zwillingspaar, ebenfalls getrennt. Zudem haben die Brüderpaare auch noch gleiche Namen. Um Irritationen vorzubeugen wurde den Zuschauern schon mal vorab das Personal des Stückes nach Art der Lach- und Sachgeschichten aus der „Sendung mit der Maus“ vorgestellt – ein witziger Einfall, der gleich zu Beginn das Zwerchfell strapazierte.
Heiterkeit lösten anschließend auch die seltsamen Ereignisse aus, die dem jungen Antipholus und seinem Diener Dromio nach ihrer Ankunft in der Stadt Ephesus begegnen. Da bitten wildfremde Frauen Antipholus zum Abendessen, ein Fremder übergibt ihm eine goldene Kette und Diener Dromio macht was er will. Die ganze Stadt scheint verrückt zu spielen, und das erkennt auch bald der andere Antipholus, der in dieser Stadt zuhause ist und auf einmal verhaftet wird. Ehe sich alles zum Guten wendet, gibt es jede Menge Irrungen, Verdächtigungen und Prügel.
Shakespeares Stück greift auch Tabuthemen seiner Zeit auf, wie Prostitution und das drakonische Rechtssystem, das sich vor allem am Geldbeutel orientierte. Doch mit Antipholus Reise zur eigenen Identität verweist das Stück auch über seine Zeit hinaus auf ein ewiges Thema: Die Einzigartigkeit jedes Einzelnen.
Die Spiellust der Komödianten riss das Publikum immer wieder zu Szenenbeifall hin, Detlef Grabows Klavierbegleitung verlieh der Inszenierung zusätzlichen Schwung. Drei Monate hatte das Ensemble für das Stück geprobt, kurz zuvor hatten die Theaterenthusiasten bei den 13. Cottbuser Schüler-(Klein)Kunst-Tagen den 1. Preis in der Sparte Theater erringen können: Den Pegasus. Das hatte sie beflügelt, sich für das Schultheatertreffen der Länder in Hamburg zu bewerben. Als offizieller Vertreter des Landes Brandenburgs können die TAWler nun vom 20. bis 26. September zeigen, was die Kleinmachnower Fangemeinde längst weiß: Spielleidenschaft und Kreativität des Ensembles ist Spitze! Kirsten Graulich
weitere Vorstellung am 12. Juli, 20 Uhr, im Rathaussaal, Adolf-Grimme-Ring 10
Kirsten GraulichD
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