zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Debatte um Gedenken

Caputher Broschüre über Zweiten Weltkrieg soll ergänzt werden

Stand:

Schwielowsee · Caputh - Die Broschüre „Gedenken in Caputh“ hat lebhafte Debatten im Ort ausgelöst. Herausgeber Klaus Hugler hatte darin im Auftrag der Caputher Kirchengemeinde Schicksale und Todesopfer aus dem Zweiten Weltkrieg dokumentiert, vor einem Monat ist das 88 Seiten umfassende Büchlein erschienen (PNN berichteten). Nunmehr wird es von Hugler durch einen Einleger ergänzt.

Besonders die Erwähnung des Namens Fritz Rettig hatte zu Irritationen geführt: In dem Buch heißt es, Fritz Rettig habe sich in der Caputher Reichskristallnacht „hervorgetan“. Nach dem Krieg hatte der so genannte Antifaschistische Ausschuss Rettig enteignet – mit der Begründung, er habe an der Zerstörung des Jüdischen Kinderheims mitgewirkt. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass Fritz Rettig vor fünf Jahren rehabilitiert wurde, für das enteignete Grundstück gab es eine Entschädigung, wie auch sein Sohn Walter Rettig gegenüber den PNN betonte.

Laut Huglers neuerlichen Recherchen hat Fritz Rettig als Gemeindeassessor lediglich den Kreisleiter der NSDAP Hilbig zum Jüdischen Landschulheim geführt, als die Zerstörung des Inventars bereits vollzogen war. „Er wurde dort gesehen, hat aber nicht an der Zerstörung teilgenommen.“. Die Angaben beruhten offenbar auf eine falsche Zeugenaussage.

Der Publizist betonte, dass zur Aufklärung der Caputher Geschichte weitere Gespräche nötig seien. Seine Broschüre wolle er ausdrücklich als Gesprächsbeitrag verstanden wissen. „Das Beispiel zeigt aber auch, wie viel Patina auf vergangenen Zeiten liegen kann und wie sie erst verschwindet, wenn wir uns die Mühe machen, genau hinzusehen.“

In diesem Zusammenhang kritisierte Hugler das Verhalten des Standesamtes Schwielowsee, dass die Einsicht in die alten Sterbeakten mit Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen nicht gewährte. Viele Schicksale ließen sich dadurch nicht klären. Hugler beruft sich auf die Rechtssprechung, die eine Einsichtnahme in die Standesamt-Unterlagen bei öffentlichem Interesse erlaubt. Dass öffentliches Interesse vorliegt, hat ihm sowohl die Arbeitsgruppe „Gedenken in Caputh“ als auch die Landeszentrale für Politische Bildung bestätigt, die die Publikation finanzierte. Hugler würde seine Recherchen mit den Unterlagen gern ergänzen und fortsetzen.

Auch der Caputher Kirchenälteste Burkhart Franck fragt sich, was eigentlich passieren muss, damit ein öffentliches Interesse bewiesen ist? Die Standesamt-Akten seien wichtig, um die von Hugler recherchierte Liste von 250 Kriegsopfern zu vervollständigen. Sie soll Grundlage für eine möglichst vollständige Kurzdokumentation der Einzelschicksale sein. Drei Gedenktafeln mit Namen der Gefallenen vom Ersten Weltkrieg, dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 und dem napoleonischen Befreiungskrieg von 1813/15 sollen dann um eine vierte ergänzt werden. Auch ein Opferdenkmal ist geplant. hkx

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })