Potsdam-Mittelmark: Den Chef-Löffel abgegeben
Ronny Pietzner führt nicht mehr die deutsche Köche-Nationalmannschaft
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Kleinmachnow - Die Geschichte ist bekannt. Da wird einer zum Chef der Nationalmannschaft bestellt und erntet schon nach kurzer Zeit heftige Kritik, weil er nach ganz neuen Methoden trainiert. Er holt junge Spieler ins Team und das Geschrei wird immer lauter. Mancher fordert gar die Abberufung. Dann geht es zur Weltmeisterschaft und der viel Gescholtene und seine Mannschaft erspielen Sieg um Sieg. Ein ganzes Land verfällt in kollektive Jubellaune und als am Ende zwar nicht der Weltmeistertitel sondern nur der dritte Platz erreicht wird, lieben alle den Jürgen Klinsmann und möchten ihn am liebsten zum Bundestrainer auf Lebenszeit machen.
Die Geschichte von Ronny Pietzner, Koch in der Kleinmachnower Bäkemühle, kann fast genauso erzählt werden. Nur dass Pietzner mit seiner jungen Mannschaft, im Gegensatz zu Klinsmann, den Weltmeistertitel holte. Doch wie Klinsmann ist Pietzner jetzt als Teamchef der Nationalmannschaft der Köche Deutschlands zurückgetreten. Über sieben Jahre hat Ronny Pietzner in der Nationalmannschaft gekocht. Im Januar 2005 übernahm der 28-Jährige das Zepter des Teamchefs. Da ging es den deutschen Wettbewerbs-Köchen sehr schlecht.
„Bei einem internationalen Wettbewerb im Jahr 2004 hatte die Nationalmannschaft so schlecht gekocht wie lange nicht mehr“, sagt Pietzner. An einen Titel war damals nicht zu denken. Teamchef Pietzner wollte das ändern. Er verjüngte die Mannschaft und schon gab es Kritik von den Offiziellen. Doch Pietzner ließ sich nicht beirren. Mit der neuen Mannschaft fuhr er im November 2005 zur Salon Culinaire Mondial ins Schweizerische Basel und kam mit dem Titel des Vize-Weltmeisters in der Warmen Küche zurück. Ein Achtungserfolg, der bei den Offiziellen im Verband der Köche Deutschlands (VKD) aufhorchen ließ. Doch ganz verstummte die Kritik nicht. „Wir haben 14 000 Mitglieder im VKD“, sagt Pietzner. Und immer mal wieder sei an ihn herangetragen worden, ob er in seiner Mannschaft nicht doch noch auf die Erfahrung eines älteren Kollegen zurückgreifen wollen. Pietzner tat das Gegenteil. Er verjüngte die Mannschaft noch einmal – Durchschnittsalter: 25 Jahre – und begann so das Training für die Koch-Weltmeisterschaft FHA Culinary Challenge im April 2006 im indonesischen Singapur. Die so genannte „Battle of the Lion“ gehört zu einem der fünf wichtigsten internationalen Kochwettbewerbe. Anfang des Jahres gab sich Pietzner selbstbewusst. Wenn wir da hinfahren, dann wollen wir auch gewinnen, so seine Zielvorgabe. Doch vor Ort sah alles ganz anders aus.
Ganze Kisten voller Ausrüstung waren am Flughafen in Frankfurt (Main) stehen geblieben, Warenbestellungen vor Ort trafen nicht ein, das Team musste die Zutaten zum Teil im Supermarkt kaufen. Doch Pietzner und seine Köche hat das nicht demotiviert. Im Gegenteil. Sie kochten sich ins Finale und entschieden dieses für sich. „Innerhalb von anderthalb Jahren hatten wir den Vize- und den Weltmeistertitel geholt“, so Pietzner. So erfolgreich war eine Nationalmannschaft der Köche Deutschlands noch nie. Danach ging Pietzner in sich und folgte der alten Weisheit, aufzuhören, wenn es am schönsten ist.
„Die Arbeit in der Nationalmannschaft ist ehrenamtlich“, sagt Pietzner. War der Zeitaufwand als Koch im Team schon groß, hatte Pietzner als Teamchef noch mehr zu tun. Insgesamt zwei Monate habe er im vergangenen Jahr für die Nationalmannschaft gearbeitet. Nun will er sich stärker seiner Gastronomie Management GmbH und der Küche in der Kleinmachnower Bäkemühle widmen. Und natürlich sollen jetzt auch seine Frau und sein kleiner Sohn mehr von ihm haben. Doch ganz will sich Ronny Pfitzner nicht aus dem Wettstreit an den Kochtöpfen zurück ziehen. Junge Köche sollen auch weiterhin die Möglichkeit erhalten, sich in der Bäkemühle auf nationale oder internationale Wettbewerbe vorbereiten zu können. Hier weiß man schließlich, wie Weltmeister gemacht werden. Dirk Becker
Dirk Becker
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