Potsdam-Mittelmark: Den Ortsbeirat links liegen gelassen Protest gegen geplanten Recyclinghof in Neuseddin
Seddiner See - Hat der Ortsbeirat noch was zu sagen? Nein, meinen die einen, Blumensträuße darf er verteilen.
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Seddiner See - Hat der Ortsbeirat noch was zu sagen? Nein, meinen die einen, Blumensträuße darf er verteilen. Er muss zumindest frühzeitig zu Entscheidungen der Gemeinde angehört werden, sagen die anderen. Es geht um ein acht Hektar großes Gewerbegebiet, dass in Neuseddin auf dem früheren Bahngelände am früheren Wasserturm gebaut werden soll. Die Gemeindevertretung Seddiner See hat ein Bebauungsplanverfahren für das Projekt angestoßen, hinter dem vor allem der Beelitzer Bauunternehmer Thomas Schielicke steht. Er will, wie es heißt, dort eine Bauschuttrecyclinganlage ansiedeln. Die Kosten für den Bebauungsplan von gut 120 000 Euro zahlen die Investoren, die Gemeinde ist mit 7000 Euro dabei.
Dem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan „Gewerbegebiet am Wasserturm“ wurde ohne Einbeziehung des Ortsbeirates Neuseddin zugestimmt, wie die Fraktion BVB/Freie Wähler der Gemeindevertretung jetzt kritisiert. „Ein Unding“ nennt es Fraktionschefin Carina Simmes, „und gesetzeswidrig obendrein.“ Man habe den Landrat aufgefordert, den Beschluss zu beanstanden. Der hat allerdings abgewunken, auch Bürgermeister Axel Zinke (parteilos) sieht kein Problem.
Anders die Fraktion BVB/Freie Wähler: Bauschuttrecycling hinter der Wohnsiedlung sei eine Zumutung, meint Simmes. Die Zufahrt solle durch die verkehrsberuhigte Eisenbahnersiedlung durch Wald- und Karl-Marx-Straße erfolgen. „Auf die 14 Hektar passen etliche Firmen und der Zulieferverkehr kommt nicht durch die Luft geflogen“, sagt Simmes. Hinzu kämen Schredderlärm und Staub. An der Waldstraße würden Erholungsgärten liegen. Für das Gewerbegebiet solle sogar ein Stück Wald fallen. Und der Ortsbeirat soll erst einbezogen werden, wenn die Karten gemischt seien.
Etwas Wald sei bereits verschwunden: Bäume am Waldweg seien gerodet und ein Zaun durchs Gelände gezogen worden, so BVB/Freie Wähler, die auch im streitlustigen Neuseddiner Ortsbeirat vertreten sind. Bürgermeister Zinke stellt klar, dass die Fällungen nichts mit dem Gewerbegebiet zu tun haben. „Die gefällten Bäume befanden sich auf der Grundstücksgrenze auf Landesforstgebiet und wurden mit Zustimmung der zuständigen Forstbehörde gefällt“, so Zinke auf PNN-Anfrage.
Die Bäume hätten den Grundstückszaun beschädigt und drohten auf den Waldweg zu fallen. „Das hat der zuständige Oberförster gegenüber der Gemeindeverwaltung bestätigt.“ Und auf dem Gewerbegrundstück, das schon vor etwa 50 Jahren von der Bahn erschlossen und bebaut worden sei, stünden gar keine Bäume.
Was die Beteiligung des Ortsbeirates angeht, meint Zinke, dass er erst beim Abschluss eines Bebauungsplanverfahrens angehört werden müsse, vor dem Satzungsbeschluss also. „Die davor zu fassenden Beschlüsse, wie der Aufstellungsbeschluss und der Auslegungsbeschluss, haben formellen Charakter und sind praktisch inhaltslos, da der Bebauungsplan noch nicht begonnen wurde.“
Die Kommunalaufsicht hat auf Anfrage der BVB/Freie Wähler eingeräumt, dass es laut Kommunalverfassung „natürlich zu empfehlen ist, den Ortsbeirat so früh wie möglich am Verfahren zu beteiligen“. Um einen rechtsgültigen Bebauungsplan hinzubekommen, „dürfte es jedoch ausreichend sein, den Ortsbeirat vor der Beschlussfassung über die jeweilige baurechtliche Satzung zu hören“. Im Klartext: Ist schon besser, vorher den Ortsbeirat mal zu fragen, damit er keinen Ärger macht. Einen Anspruch darauf hat er aber nicht. Henry Klix
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