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Potsdam-Mittelmark: Den Protest im Nacken

Hitzige Debatte: Kreisausschuss diskutierte über den Tarifvertrag und den Kreishaushalt

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Hitzige Debatte: Kreisausschuss diskutierte über den Tarifvertrag und den Kreishaushalt Von Henry Klix Potsdam-Mittelmark - Gereizte Stimmung am Donnerstagabend im Kreisausschuss: Der Antrag der CDU-Kreistagsfraktion, aus dem kommunalen Arbeitgeberverband auszutreten, hatte das Landratsamt sichtlich durcheinander gewirbelt. Etwa 200 Verwaltungsmitarbeiter nahmen die Ausschussmitglieder im Treppenhaus mit Trillerpfeifen und Protestplakaten in Empfang. „Hände weg vom Tarifvertrag“ wurde darauf gefordert. Sensibel ist das Thema auch, weil der Bundesangestellten-Tarifvertrag in einem Jahr ausläuft – und Landrat Lothar Koch (SPD) bei den laufenden Verhandlungen mit Verdi die brandenburgischen Landkreise und Kommunen vertritt. Entsprechend geladen lief die Debatte über das Ansinnen der CDU, „flexiblere Lösungen“ für die 860 Mitarbeiter der Kernverwaltung und 650 der Kreisgesellschaften zu finden. CDU-Mann Felix Enneking nannte als Ziel des Antrags, die finanziellen Handlungsfähigkeit des Kreises zurückzugewinnen. Jeder Prozent Tarifsteigerung würde 400000 Euro für den Kreis bedeuten. Und in den letzten 27 Monaten hätte der Zuwachs 7 Prozent betragen. „Wir wollen niemandem was wegnehmen, aber für die Zukunft Spielräume gewinnen“, sagte Enneking, der auch dem Finanzausschuss vorsitzt. Denn die bisherigen tariflichen Forderungen seien für den Kreis schwer zu verkraften gewesen. Enneking konnte auf ein Millionen-Defizit im Kreishaushalt verweisen. SPD und PDS lehnten das Ansinnen rigoros ab. Sie teilten die Auffassung von Landrat Lothar Koch (SPD), dass der Arbeitsfrieden mit derart „populistischem Handeln“ gestört wäre. Koch: „Wir brauchen motivierte Mitarbeiter, die mit uns an einem Strang ziehen.“ Und Sparwille hätte die Verwaltung durchaus schon gezeigt: „Keinen Rentenabgang haben wir neu besetzt“, sagte Koch mit Blick auf die Kernverwaltung. So sei die Mitarbeiterzahl hier seit 1993 von 1500 auf 860 herunter gefahren worden. Trotz Tarifsteigerungen habe sich der Personalhaushalt im Kreis nicht erhöht. Zudem sei man bei den Verhandlungen mit Verdi bereits auf gutem Wege, was Flexibilität bei Arbeitszeiten und der Bezahlung angehe. Den möglichen Kompromiss sollte man nicht aufs Spiel setzen. „Es gibt bei der Gewerkschaft durchaus Verständnis für die finanzielle Situation der Landkreise“, betonte Koch. Die sieht in der Mittelmark dramatisch aus, wie der Haushaltsentwurf 2005 zeigt: Auch im nächsten Jahr will die Kreisverwaltung ein strukturelles Defizit von 11 Millionen Euro vor sich herschieben. Der Versuch, den Schuldenberg in diesem Jahr um 4 Millionen Euro herunterzufahren, sei nicht gelungen, moniert die CDU. Landrat Koch hält entgegen, dass auf den Kreis durch Hartz IV und die Kitafinanzierung auch drastische Zusatzkosten zugekommen sind: Statt Sozialhilfe hat Belzig jetzt Unterkunftskosten der Alg-II-Empfänger zu bezahlen, ein Mehrbetrag von fast 10 Millionen Euro. Ein Sparvorschlag der CDU, die Unterkunftsstandards zu drosseln (von 50 auf 45 Quadratmeter für Ein-Personen-Haushalte), fand keine Zustimmung im Kreisausschuss. Man möchte die Kostenentwicklung bis Februar abwarten. Und dann ist da noch der Kita-Zuschuss an die Kommunen: Der Kreis hatte seit der handwerklich streitbaren Novellierung des Kitagesetzes – drei Jahre lang – zu wenig Geld bezahlt. Nach einem Gerichtsurteil musste der Kreis 2003 zurück zur alten Regelung – eine Mehrbelastung von 7 Millionen Euro im Etat. Schon letztes Jahr war der Versuch gescheitert, sich mit den Kommunen auf Vertragsbasis anders zu einigen. In diesem Jahr schwingt die Kreisverwaltung erneut die Keule und droht mit einer Erhöhung der Kreisumlage um satte 6,35 Prozent. Der Ärger aus den Gemeinden ist programmiert. Am Tarifkonsens in der Kreisverwaltung soll dennoch nicht gerüttelt werden. Ob auf Dauer, bleibt abzuwarten. Denn während SPD und PDS auf Kontra gingen, war die Haltung der Grünen, der Freien Bauern und Bürger und der FDP etwas moderater. „Das geht alles ein bisschen zu schnell“, kritisierte der grüne Fraktionschef Axel Mueller. Jetzt schaltet die CDU vom vierten in den ersten Gang: Der Antrag wird in den Finanz- und den Personalausschuss eingebracht, kündigte CDU-Fraktionschefin Saskia Funck an.

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