Potsdam-Mittelmark: Den Schein (ver)wahren
Vergnügliche „Bankenmeile“ auf Werders Inselstadt offenbart kreatives Potenzial der Insulaner
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Vergnügliche „Bankenmeile“ auf Werders Inselstadt offenbart kreatives Potenzial der Insulaner Von Kirsten Graulich Werder - Während die Bankenviertel großer Städte an Wochenenden wie ausgestorben sind, drängen sich in Werders neuem Bankenviertel am Samstagmorgen Scharen von Touristen. So ähnlich mögen wohl die Vorstellungen des neuen „Kulturvereins Inselstadt“ gewesen sein als man im Januar zusammen saß, um Ideen zu schmieden, die mehr Touristen in die Altstadt locken sollen. Sitzmöbel für fußmüde Spaziergänger sind immer gut, überlegten man im Verein. Und wenn daraus auch noch eine originelle Bankenmeile wird, um so besser. Mit Pinsel, Kleber, einer breiten Dekor-Palette und einer gehörigen Portion Fantasie gestaltete der Kulturverein in den vergangenen Wochen in Partnerschaft mit rund 30 Gewerbetreibenden seine bank-art-Projekte. Die Ergebnisse, die am Samstag zum ersten Mal den Besuchern der Inselstadt präsentiert wurden, lassen ahnen, welch kreatives Potenzial auf der Insel steckt. Mit Sinn für liebevolle Details wurden zwar nicht immer bequeme, dafür aber sehr unkonventionelle Sitzplätze kreiert, die mehr dazu angetan waren, die Besucherblicke zum Verweilen zu verführen. Gleich hinter der Brücke am Café Föhse vermittelt die „Porzellanbank“ den Ankömmlingen augenzwinkernd, dass das Ganze nicht zu ernst gemeint ist. Schmunzelnd tippten Besucher auf Tassen, Milchkännchen oder Krüge, die an einer Schnur wie Wäschestücke baumelten. Darunter wie zum Abtropfen aufgereiht verschiedene Teller – und einige Besucher bekannten, das eine oder andere Stück selbst im Schrank zu haben. Ob Genießerbank, Hochzeitsbank oder Froschbank – schon die Namen künden vom Gestaltungswillen der Insulaner. Dass die Lust am Spielen nie so ganz verloren geht, konnte beim Betrachten der „Spielbank“ vor der Kleinen Weltlaterne entdeckt werden. Da dampften kleine Holzeisenbahnen über die Rückenlehne und allerlei Käfergetier krabbelte über die Sitzfläche. Gegenüber (ver)wahrt die „Vermögensbank“ den Schein und diverse Münzen unter Klarsichtfolien. Nur wenige Schritte weiter schillert in südlichen Farben die Exotenbank, die bei näherer Betrachtung die Künstlerhand verrät. Aus handgerollten Glasscherben setzte Rose Trotte Blumen und Vögel so gekonnt auf Lehne und Seitenteile der Bank, dass auch der Reiz des Materials erhalten blieb. Die hölzernen Papageienfiguren auf der Lehne sind dazu ein charmanter Stilbruch – und vor allem sind sie echte Südamerikaner, die die Künstlerin eigens aus Brasilien mitbrachte. Beeindruckt zeigten sich Besucher besonders von der Ofenbank vor dem Atelier Mona Lisa. „Wäre gut, wenn die auch beheizt wäre“, meinte eine Dame angesichts des kühlen Windes, der zeitweise durch die Altstadt fegte. Ganz in der Nähe soll sich im letzten Jahr sogar eine richtige Bank niedergelassen haben, wenn auch nur für kurze Zeit. Denn für eine Fernsehserie wurde das Alte Rathaus vorübergehend als Kreditinstitut umfunktioniert. Weil der Name des Geldinstitutes noch Tage später am Eingang prangte, waren nicht nur Touristen verunsichert, sondern auch eine Neubürgerin, die verzweifelt das Standesamt suchte. Ein bisschen suchen muss man die bank-art-Kreationen auch an der Uferpromenade, weil noch nicht alle fertiggestellt sind. Anlehnungsbedürftige können sich demnächst zur Meerjungfrau „Arielle“ begeben, die ihnen auch noch in den nächsten Jahren den Rücken stärken wird. Denn es steht bereits fest, dass die Arielle-Bank im gleichnamigen Restaurant verbleibt und nicht, wie die meisten anderen Bänke, im September versteigert wird. Und sicher ist bereits ebenso, dass die Bänkelstory der Inselstadt nicht die letzte sein wird, denn der Kulturverein hat noch viele Ideen.
Kirsten Graulich
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