Von Ute Kaupke: Der Apotheken-Wanderer
Der Rehbrücker Paul Biela forscht zur Brandenburger Apothekengeschichte – er ist selbst ein Teil davon
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Nuthetal - Im Jahr 1243 wird im süddeutschen Raum eine erste Apotheke nachgewiesen. Im Jahr 1303, so besagt es die erhalten gebliebene Privileg-Urkunde, gab es im uckermärkischen Prenzlau die erste Apotheke der Mark Brandenburg. Der Rehbrücker Apotheker Paul Biela hat gerade seinen vierten und letzten Band „Zur Historie der Apotheken des Landes Brandenburg von den Anfängen bis zur Gegenwart“ vorgelegt. 567 Apotheken Brandenburgs werden vorgestellt, 700 Jahre Pharmaziegeschichte.
Biela ist selbst ein Teil davon: Von 1969 bis 2000 führte er die Rehbrücker Paulus-Apotheke. Frisch im Ruhestand war ihm die Idee gekommen, die Pharmaziegeschichte anzupacken. Nicht von ungefähr: In seiner Promotionsschrift an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald hatte er schon einmal die „Geschichte der Potsdamer Apotheken von den Anfängen bis zum Jahr 1989“ erkundet. Umfangreiche Archivarbeit wurde von Biela geleistet, alle Apothekenstandorte per Bahn, Auto oder Fahrrad aufgesucht und abgelichtet.
Bielas Schilderungen „erinnern nicht selten an Theodor Fontanes ,Wanderungen durch die Mark Brandenburg’“, schreibt sein damaliger Doktorvater, Christoph Friedrich, in einem Geleitwort. Tatsächlich stimmte sich Biela mit Fontane auf sein Vorhaben ein. Thematisch passt es, dass Fontanes Vater von 1819 bis 1826 die Neuruppiner Löwen-Apotheke führte, die heute noch existiert. Auch Theodor Fontane wurde Apotheker, wechselte dann aber bekanntermaßen zur schreibenden Zunft.
Es geht jedoch nicht allein um den Bestand der Häuser, sondern um Besitzer und deren Ehrenämter, Personalstruktur, Apothekenzulassung, Verkaufspreise, Sortiment, Ausstattung und Fortbildung. Ein Apotheker hatte in kleinen Ortschaften längst nicht die später so geachtete Stellung. Oft waren es Einmannbetriebe die rund um die Uhr Dienst taten, sich keine Vertretung leisten konnten. Als „Kettenhundedasein“ bezeichnet es die Pharmaziegeschichte, erzählt Biela. Ohne einen Nebenverdienst konnten Apotheker oft nicht existieren. Es wurden Tankstellen, Weinlokale oder Gaststätten nebenbei betrieben. Unter den Apothekern fanden sich Bürgermeister oder Magistratsmitglieder in den Städten. Historische Lücken sind darin begründet, dass Stadtbrände des Mittelalters, Kriege und Umbrüche die Zeitzeugnisse vernichteten.
Auch neuere Zeitgeschichte wird mit der Recherche dokumentiert. Von ein und demselben Apotheker fand Biela Mitgliedsausweise vom Deutschen Kriegerverein „König Albert von Sachsen“ (1901), vom Nationalsozialistischen Altherrenbund und vom Freien Deutschen Gewerkschaftsbund der DDR. So erzählen die Leben von den Zeitepochen.
Die Fertigstellung des Vierteilers habe ihm „eine gewisse Befriedigung“ verschafft, so Biela. Aber mit dem Ruhestand wird es wohl immer noch nichts in dem Haus in Bergholz-Rehbrücke. Biela verfolgt sein nächstes Ziel: Die früheren Provinzen Brandenburgs östlich von Oder und Neiße sollen jetzt erforscht werden, Neumark und östliche Niederlausitz. Der Arbeitstitel: „Apotheken, die keiner mehr kennt“.
Die Reihe ist im Eigenverlag erschienen. Kontakt: Paul Biela, Liselotte-Herrmann-Straße 6, 14558 Nuthetal.
Ute Kaupke
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