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Potsdam-Mittelmark: „Der beste Freund ist plötzlich doof“

Realschule Werder protestiert am Landtag gegen neues Oberschulmodell / 5000 Unterschriften dagegen

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Realschule Werder protestiert am Landtag gegen neues Oberschulmodell / 5000 Unterschriften dagegen Werder/Potsdam - „Da können sie ja gleich eine Mauer durch die Schule bauen“, schimpft ein Siebtklässler der Realschule Werder gestern vor dem Landtag. „Dann können die guten auf die Schlechten herab glotzen“, meckert der Steppke. Eben hat er mit einem guten Dutzend Mitschülern, einer Elternsprecherin und der Schulsozialarbeiterin Jördis Freiwald 5000 Unterschriften an Werders CDU-Landtagsabgeordnete Saskia Funck übergeben. „Wir fordern, dass die Oberschule das Prinzip der Realschule erhält“, heißt es über den dicht beschriebenen Listen. „Das bisherige System der Realschule hat gezeigt, dass die gemeinsame Integration von Schülern Erfolg hat.“ An sich ist man in Werder nämlich mit der Realschule sehr zufrieden. Doch Eltern, Pädagogen und Schüler fürchten, dass es mit dem neuen Oberschulmodell um die Attraktivität ihrer Schule schlecht bestellt ist. Während an den Gesamtschulen vieles beim Alten bleibt, wird an den Realschulen nämlich alles anders: Neben dem Realschulabschluss (Fachoberschulreife) kann hier künftig auch der Hauptschulabschluss (erweiterte Berufsbildungsreife) gemacht werden. Dies soll zwar auch künftig im Klassenunterricht erfolgen – allerdings in Klassen getrennt nach Abschluss. „Ich sehe da eine Menge Arbeit auf die Schulsozialarbeiter zukommen“, sagt Jördis Freiwald. „Mit so einer Selektion von Leistungsträgern und Lernschwachen wird es Zündstoff zwischen den Klassen geben, die besten Freunde sind plötzlich doof“, sagt sie voraus. Hänseleien, soziale Ausgrenzungen und neue Aggressionen sieht sie auf die früheren Realschulen zukommen. Dabei könne eine Schulreform ganz einfach sein: „Wir müssen doch nur von den Finnen abschreiben.“ Eine Schule für alle, das wünscht sich auch Elternsprecherin Hanna Löhmannsröben aus Golm, deren Sohn gerade in die Siebente kam und die selbst als Sonderpädagogin tätig ist. „Aber Eltern und Pädagogen werden ja nicht gefragt, wenn die Landesregierung eine Bildungsreform macht“, ärgert sie sich. Mit der Oberschule würde keine neue Schulform entstehen, sondern zwei Schularten durcheinander gewirbelt. „Die Leistungsdifferenzierung hat sich seit Pisa als nicht haltbar erwiesen“, wettert Löhmannsröben. Und doch werde mit der Oberschule die Selektion noch verschärft, soziale Herkunft und Lernverhalten früh zementiert und zum Bildungshindernis. Löhmannsröben: „Dass das Erfolgsmodell Realschule dafür geopfert wird, ist ein Skandal.“ Saskia Funck hat es sichtlich schwer, das Oberschulmodell einerseits zu verteidigen, andererseits als schlechten Kompromiss darzustellen. Schließlich habe man wenigsten noch versucht, etwas von der Realschule „rüber zu retten“ und alte Unsinnigkeiten abzuschaffen, wie dass man mit drei Sechsen versetzt werden kann. „Mit einer CDU-Mehrheit im Landtag hätten sie ihre Schule ja sogar behalten können. Dann hätte es Realschulen und Hauptschulen im Land gegeben“, sagt Funck. Fraktionsbüroleiter Heiko Homburg sekundiert ihr etwas schlichter. In Sportvereinen gebe es schließlich auch unterschiedliche Ligen, ruft er den Schülern zu. „CDU wähle ich niemals“, kommentiert ein aufgebrachtes Mädchen am Ende kopfschüttelnd. Henry Klix

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