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Potsdam-Mittelmark: Der Herr der schönen Dinge

Ein Kleinmachnower verhilft Handwerkern zu besserem Umsatz

Von Eva Schmid

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Teltow - Ein kaputter Feuerkorb hat Tilmann Schwarz zu seinem neuen Job gebracht. Früher arbeitete er als Prokurist bei einem Bauzulieferer, davor war er Marketingleiter einer Brauerei. Heute kümmert er sich nur noch um schöne Dinge. Um handgewebte Tischtücher, selbst gemachte Seifen oder Schneidebretter aus heimischen Hölzern – jedes ein Unikat, betont der 52-jährige aus Kleinmachnow.

Seit Mai dieses Jahres betreibt er einen Onlinemarktplatz für Handwerkskunst. Europaweit ist er dafür auf der Suche nach Herstellern, die mit viel Liebe Möbel, Kleidungsstücke oder Accessoires herstellen. 400 Produkte hat er mittlerweile gefunden. Die Idee dahinter: Schwarz will mit seiner Erfahrung im Marketing kleinen Handwerkern helfen und ihren Verkauf ankurbeln. Ganz selbstlos ist das Projekt nicht: „Ich habe mich als Kunde immer geärgert, dass ich an tolle Produkte von Tischlern, Schneidern oder Schmieden nur schwer herankomme.“ Das Angebot hochwertiger Möbel, Stoffe oder Leuchten bleibe oft im Verborgenen. „Die Arbeit der Handwerker ist oft nur in der Region bekannt.“

Seine Suche nach kleinen Herstellern hat vor einigen Jahren angefangen – und zwar als sein Feuerkorb nach kurzer Nutzung durchgeglüht war. Schwarz tippt auf Asienware. Den Feuerkorb hatte er für 39,90 Euro im Baumarkt erstanden. „Da war mir klar: Ich will etwas Hochwertigeres, einen Korb, der länger hält.“ Schwarz machte sich auf die Suche nach einem Schmied in der Region. In Glindow wurde er fündig: Der Schmiedekünstler Willi Ludwig fertigte nach den Zeichnungen von Schwarz’ Ehefrau einen Feuerkorb an und war bereit, mit dem ehemaligen Prokuristen ein Geschäft zu machen. Der Glindower Schmied wurde zum ersten Geschäftspartner.

Dunkle Kordhose, Karohemd und ein dünner Cashmere-Pullover. Schwarz sitzt in seinem Büro in der Teltower Biomalz-Fabrik – seine Kleidung passt zu den hochwertigen Möbeln und Accessoires um ihn herum. Der Unternehmer wohnt zwar in Kleinmachnow, aber wenn er spricht, wird schnell klar, dass er aus dem Norden kommt. „Ich bin Hanseat und komme aus einer Reederei-Familie.“ Wie schon sein Vater und Großvater macht er Geschäfte nur per Handschlag, bei ihm gebe es keine Verträge. Er kenne alle seine Produzenten. „Und nur wenn man sich kennt, kann man guten Gewissens ihre Produkte anbieten und verkaufen.“

Schwarz kauft bei den Handwerkern ein Kontingent ein, die Ware wird jedoch nicht zu ihm nach Teltow geliefert, sondern direkt an den Kunden, sobald er auf der Onlineplattform „Trilaco“ etwas bestellt hat. Sein Geschäft will der Unternehmer ausbauen: Er plant Läden in mehreren deutschen Großstädten und nennt Berlin, Hamburg und Düsseldorf. „Dort gebe es eine größere qualitätsbewusste Zielgruppe.“ Die im Übrigen auch das Geld für die langlebigen Produkte habe.

Denn die Handwerkskunst, die Schwarz anbietet, ist alles andere als ein Schnäppchen. Das Vierer-Set an Schneidebrettern, die in einer Behindertenwerkstatt in Lankwitz hergestellt werden, liegt bei 228 Euro. Eine Spätburgunder-Seife aus der ältesten Seifenmanufaktur Deutschlands kostet 8,99 Euro und die modebewusste Frau muss für ein Cashmere-Cape aus einer deutschen Textilmanufaktur, im Familienbetrieb geführt, 790 Euro bezahlen.

Wer sich durch den Onlinemarktplatz klickt und sich die Produktbeschreibungen durchliest, fühlt sich an das Konzept des Unternehmens „Manufactum“ erinnert. Der Großkonzern war in Deutschland einer der ersten, der sich in seinem Marketing auf die guten, alten Dinge und das Handgemachte berufen hat. Leinenbettwäsche wie aus Großmutters Zeiten, hochwertige Lederwaren oder Naturseifen von alten Manufakturen. Das Handwerk hat Tradition und verkauft sich gut. Schwarz jedoch will sich von dem Großkonzern abgrenzen: „Durch ihre Größe können sie ihren Anspruch, alles sei handgemacht, nicht mehr erfüllen.“ Auch deshalb will Schwarz nicht allzu groß werden. „Viele Produkte werden bei mir auch ausgetauscht.“

Jetzt ist zum Beispiel die Wintersaison dran. Im Sortiment hat er dafür Bienenwachskerzen, die in einer Berliner Behindertenwerkstatt entstehen. Das Besondere: „Sie sind mit roter Farbe ummantelt, sehen aus wie normale Kerzen, duften aber wunderbar“, so Schwarz. Auch wenn der erste Schnee fällt, will Schwarz gewappnet sein. Im Angebot hat er dafür stabile Holzschlitten, wie man sie damals so hatte. Und das sogar in zweifacher Ausführung: eine Sportvariante aus Eschenholz und mit Ledersitz. Ein Porsche unter den Schlitten, wenn man auf den Preis von 640 Euro schaut. Der günstigere für 260 Euro hat ein rötlich gemustertes Sitzgeflecht. Hergestellt werden beide von einem Tischlermeister aus dem Bregenzerwald in Österreich.

In den nächsten Wochen sollen noch weitere Winterangebote hinzukommen. „Im Trend ist mit dem aufkommenden Herbst nun auch der Kamin“, so Schwarz. Auf der Onlineplattform findet man das passende Zubehör: einen Feuerbock, eine Kaminholztrage oder einen Holzspalter. Mit Letzterem würde das Holzzerhacken auch Frauen Spaß machen. Eva Schmid

www.trilaco.de

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