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KulTOUR: Der Himmel über Teltow

Strich für Strich hat sich der Maler Hans-Jürgen Brauer die Altstadt erobert – jetzt zeigt er seine „Beute“

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Teltow - Der Himmel über Teltow ist groß und gleicht einem dramatischen Farbenmeer – jedenfalls ist das so auf den Bildern von Hans-Jürgen Brauer. Der Teltower Maler zeigt zurzeit eine Auswahl seiner umfangreichen Kollektion zum Thema Altstadt in der Tourist-Information in der Potsdamer Straße 57.

Brauer, der 1971 nach Teltow zog, sagte einmal: „Ich habe Jahre gebraucht, um an diese Stadt ranzukommen“. Denn das Altstadtzentrum bleibe anfangs vielen verborgen und der Lebensnerv, die laute Durchfahrtsstraße, strapaziere vor allem die Nerven der Anwohner. Das hat der Maler selbst erfahren müssen. So war es erst der zweite Blick auf das „traurige Nest“, der ihm hinter verwinkelten Ecken und Toreinfahrten auch die durchaus vorhandenen Reize des einstigen Ackerbürgerstädtchens offenbarte.

Diese Annäherung verlief immer rings um die Andreaskirche, die sich auf vielen seiner Bilder wie ein Zeigefinger in den Himmel reckt. Und dieses Firmament ist auf eigentümliche Weise lebendig. Fast scheint es, als fege eine Bö die Pinselstriche über die Leinwand, wirble sie zwischendurch auch mal munter durcheinander, bevor sie sanft in weite Ferne entschweben. Es sind aber vor allem die intensiven Farben, die Brauers Himmel auszeichnen. Da übertönt rotes Abendsonnenlicht einen Teil der Stadtsilhouette, während sich die andere Seite in dunkles Nachtblau hüllt. Diese zweierlei Himmel kann Brauer von seinem Fenster im dritten Stockwerk oft beobachten und da liegt es nahe, dass er dieses Szenario im Bild festhält. Dass auch ringsum die Häuser in dieser Dämmerstunde andere Farben annehmen, hat vor ihm schon viele andere Malerkollegen fasziniert, die sich gleichfalls vom Eigenleben der „Blauen Stunde“ angezogen fühlten. Doch bei Brauer bleibt diese Stimmung nur eine Andeutung am Rande, denn im geschäftigen Stadttreiben übertönen Lichter aus Fenstern und die Scheinwerfer der Durchfahrenden das geheimnisvolle Abendlicht.

Ruhiger geht es da bislang noch in der Altstadt zu, die sich Brauer Strich für Strich eroberte und dabei auch manch interessante Details entdeckte, wie den kleinen Zwiebelturm, der zu einem alten Taubenhaus gehört. Vor dem Grundstück verhindert ein windschiefes Tor weitere Einblicke. Die links und rechts angrenzenden Häuser scheinen sich wie alte Bekannte gerade über den neuesten Tratsch auszutauschen. Auch wenn der Maler von der alten Bausubstanz fasziniert ist, verliert er nicht die stetigen Veränderungen aus dem Blick. So skizzierte er die Baufortschritte am neuen Bürgerzentrum und hielt den Straßenausbau im Hohen Steinweg auf Papier fest. „Manchmal dachte ich schon, ich wäre durch mit der Altstadt, aber dann entdecke ich immer wieder Neues“, erzählt der Maler. Besonders am Tag der offenen Höfe habe er neue Eindrücke sammeln können.

Brauer sieht sich aber auch als malender Chronist, der festhält, was irgendwann Neuem weichen muss. Zum Beispiel die letzte Teltower Scheune, die der neuen Ostspange im Wege stand. Ein bisschen wehmütig ist ihm da zuweilen zumute. Aber dass Teltow mal so fein herausgeputzt werden könnte wie einige Städte in Bayern, glaubt er nicht. „Dort ist es nämlich zu schön“, meint er. „Und dort hätte ich auch keine Lust mehr zum Malen“. Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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