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Ruhige Hand, offener Mund. Marco Hobe redet während des Stechens mit seinen Kunden.

© Björn Stelley

Tätowierer in Teltow: Der Körper als Zeitung

Der Tätowierer Marco Hobe hat in Teltow das Studio Nadelstil eröffnet. Er hat seinen ganz eigenen Stil, der offenbar gut ankommt: Bis April ist der Tätowierer schon ausgebucht.

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Teltow - Wenn Marco Hobe mit der Nadel über die Haut sticht, ist er eigentlich nie still. „Das mögen die Kunden aber auch“, sagt der Tätowierer. „Das ist bei mir wie beim Frisör. Die Kunden erzählen mir was und ich höre zu. Dann erzähle ich was und berate, ganz entspannt.“ Diese Vertrautheit sei auch der Grund, warum er von allen „Vaddern“ genannt werde. „Wir hatten auch überlegt, das Studio ,Vaddern’ zu nennen, haben es dann aber verworfen“, sagt Marco und lacht. Nadelstil war dann doch klangvoller.

Sauberes Geschäft

Seit Anfang des Monats ist Marco sein eigener Chef und hat in der Berliner Straße in Teltow sein Tattoo-Studio eröffnet. Die Einrichtung ist modern, hell und entspricht ganz und gar nicht dem Klischee des dunklen Hinterhoftätowierers, der nur dubiose Rockerbanden-Mitglieder sticht. „Hier sieht’s aus wie bei mir zu Hause“, sagt Marco und meint damit vor allem die Sauberkeit. „Sonntag sieht man mich zu Hause wie ne Putzfrau rumrennen“, scherzt der Tätowierer. „Das ist wirklich so, der hat einen richtigen Putzfimmel“, fügt seine Frau hinzu, die im neunten Monat schwanger ist. Sauberkeit spielt eine wichtige Rolle in dem Geschäft. „Es gibt viele Hygienevorschriften, die eingehalten werden müssen“, sagt Marco. „Alles ist mehrfach verpackt und muss vor dem nächsten Einsatz desinfiziert werden.“ Eine Anmeldung beim Hygieneamt war ebenso notwendig wie die Anmeldung beim Gewerbeamt, so der Tätowierer.

Eigentlich ist Marco gelernter Stuckateur, hat dann aber mehr als sechs Jahre beim Munitionsbergungsdienst in Frankfurt (Oder) gearbeitet. „Ich habe immer schon gezeichnet und gern gemalt, auch in der Schule. Irgendwann kam dann der Gedanke, mit diesem Talent Geld zu verdienen“, sagt Marco. Kurz nach dieser Idee lagen die ersten Schweinehäute zu Hause auf dem Tisch. „Damit habe ich einfach angefangen zu üben.“ Anschließend ist er in einem Potsdamer Tattoo-Studio gelandet. „Dort konnte ich viel von den Erfahrungen der Tätowierer profitieren und habe auch viel über Hygiene gelernt“, sagt Marco.

"Ich bin wie eine Zeitung"

Irgendwann sollte es für Marco weitergehen. „Ich bin zu sehr Widder, ich wollte einfach mein eigener Chef sein.“ Nach dem Umzug aus Berlin nach Teltow war schnell klar, dass er ein eigenes Studio aufmachen wollte. „Das ist aber nicht so einfach wie einen Blumenladen zu eröffnen“, sagt Marco. „Wir haben uns erst mal bei dem anderen Tattoo-Studio in Teltow vorgestellt. Immerhin sind die schon 15 Jahre im Geschäft und ich finde, das gehört sich einfach so.“ Teltow war für beide die beste Wahl. „Wir haben hier ein Haus gemietet, auch wegen des Nachwuchses. Ich mag einfach eher das Ländliche hier“, sagt Marco.

Aus aller Welt, etwa der Schweiz, Neuseeland oder Island, kommen die Kunden, um sich bei Marco stechen zu lassen. „Einer aus Australien macht hier extra Urlaub und kommt dann zu mir.“ Den Kundenstamm konnte er sich durch die Zeit in Potsdam aufbauen. „Ich bin richtig froh, bis April bin ich bereits ausgebucht“, sagt der Studiobesitzer. „Kleinere Sachen gehen aber immer zwischendurch.“ Jeder Tätowierer hat seinen eigenen Stil, quasi eine eigene Handschrift. Meist begleiten sie den Kunden über einen langen Zeitraum. „Es ist schön, etwas zu stechen, das für den Kunden eine Geschichte erzählt oder etwas bedeutet“, sagt Marco. „Wenn ich erzählen würde, was meine Tattoos alles aussagen, würde das Stunden dauern. Ich bin wie eine Zeitung.“

In Teltow angekommen

Marco lebt in Teltow jetzt seinen Traum. „Wir haben die letzten zwei Monate richtig viel für das Studio geschuftet und alles selbst gemacht.“ Rund 7000 Euro haben er und seine Frau an Eigenkapital investiert. „Jetzt fühle ich mich so langsam angekommen und freue mich, jeden Tag zur Arbeit zu gehen.“ Nur die Büroarbeit und die Organisation der Termine überlässt er seiner Frau. „Hau mir bloß ab mit dem Kram!“

Björn Stelley

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