Potsdam-Mittelmark: Der Protest kommt ins Rollen
„Lärmschutz jetzt!“ eröffnet Bürgerbüro in Michendorf / Nur noch 25 Tage Zeit für Einwendungen
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Michendorf - Mit ihrem Protest gegen die aktuellen Ausbaupläne für die A 10 zwischen den Dreiecken Nuthetal und Potsdam drückt die Bürgerinitiative „Lärmschutz jetzt!“ kräftig aufs Gas. Innerhalb weniger Wochen ist ein Bürgerbüro in Michendorf eingerichtet worden, in dem jetzt die Planungsunterlagen öffentlich ausliegen und Betroffene unter kompetenter Beratung Einwendungen an das Land schreiben können. Die Ersten machten bereits bei der Eröffnung am Samstag von dieser Möglichkeit Gebrauch. „In 25 Tagen wird der Sack zu gemacht“, sagte Sprecher Andree Halpap im Hinblick auf das laufende Beteiligungsverfahren.
Das dichte Gedränge in dem kleinen Büro in der Potsdamer Straße 39-41 zeigte, wie groß die Betroffenheit ist. Neben unzähligen Bürgern waren auch Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker aus fast allen Parteien der Einladung gefolgt. Mit Vertretern einer ähnlichen Initiative aus Birkenwerder wurde bereits vereinbart, künftig gemeinsam für mehr Lärmschutz am Berliner Ring einzutreten. Nördlich der Bundeshauptstadt soll die A 10 auf sechs Spuren erweitert werden. Der acht Kilometer lange Abschnitt des südlichen Berliner Ringes soll indes ab dem Sommer von derzeit sechs auf acht Spuren ausgebaut werden, weil der Verkehr hier laut Prognosen in den nächsten Jahren um ein Drittel auf 126 000 Fahrzeuge täglich steigen wird.
In der Ortslage Michendorf werden darüber hinaus jeweils zwei weitere Fahrstreifen die Autobahn flankieren, um den Verkehr zwischen den Rastplätzen und der jeweiligen Abfahrt zur B 2 zu ordnen – was die hiesige Bürgerinitiative zu der Rechnung „A1012 = Lärm12" veranlasst hat. Die Michendorfer fordern unter anderem, dass die vorgesehenen Schallschutzwände auf die gesamte Länge des bewohnten Gebietes erweitert und zusätzliche Wände auf dem Mittelstreifen und entlang der Beschleunigungsspuren errichtet werden. Weiterhin müsse von einer nördlichen Verschwenkung der Autobahn in Richtung Wildenbruch-Bergheide abgesehen und die Strecke mit einem Tempolimit versehen werden.
Eine grundsätzliche Forderung der Michendorfer ist der Einbau von so genantem Flüsterasphalt, der den Lärm an der Quelle dämpfen soll. Laut Schätzungen würde das die Baukosten von 110 Millionen Euro um weitere 2,5 erhöhen. „Was technisch möglich ist, muss hier auch umgesetzt werden“, so die hiesige Landtagsabgeordnete Susanne Melior (SPD). Ihr Koalitionspartner Andreas Bernig (Linke) stieß ins gleiche Horn: „Wirtschaftliche Erwägungen müssen gegenüber den Belangen der Betroffenen zurückstehen.“ Der Landtag könne im Moment allerdings nur darauf drängen, dass die Abwägung des Verfahrens im Sinne der Anwohner erfolgt, so Bernig weiter. Für künftige Projekte müssten die gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert werden. Lärmschutzgutachten sollten nicht mehr aufgrund theoretischer Berechnungen, sondern mit tatsächlichen Messergebnissen erstellt werden. Schließlich müssten Betroffene auch viel früher beteiligt werden, forderte Bernig.
Das ist auch die Haltung von „Lärmschutz jetzt!“. Das Projekt sei zu umfangreich, um sich innerhalb so kurzer Zeit einen Überblick zu verschaffen, bemängelte Andree Halpap. Und im Vorfeld habe die verantwortliche „Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH“ (Deges) keinen tatsächlichen Dialog mit Bürgern und Gemeinden gesucht. Zwar hatte es im Sommer Bürgerversammlungen in Michendorf und Ferch gegeben, auf denen hatten Deges-Vertreter aber klargestellt, dass die Planungen vor dem Beteiligungsverfahren nicht mehr verändert werden. „Das ist auch für den Bauträger ein Problem“, so Halpap, „denn jetzt haben wir keine andere Möglichkeit mehr, als den Konflikt hochzupuschen“. Erst einmal wolle man den formalen Weg mitgehen, um dann, wenn nötig, gegen das Verfahren zu klagen. Thomas Lähns
Das Bürgerbüro ist dienstags, donnerstags und freitags zwischen 10 und 12 Uhr sowie von 14 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 12 und von 14 bis 16 Uhr geöffnet.
Thomas Lähns D
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