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Potsdam-Mittelmark: Der surreale Wahnsinn in uns
Autor Pit Pikus stellt seinen neuen Roman vor
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Michendorf - Schriftsteller leben bekanntlich von ihren Ideen und vom Interesse ihres Publikums, der Öffentlichkeit. Manche später auch von ihrem Ruhm. Bei dem Wildenbrucher Autor Pit Pikus ist das etwas anders. Obwohl er nach 1990 bereits fünf richtig gute Bücher geschrieben hat, ist sein Bekanntheitsgrad nicht gerade groß. Auch möchte er in diesem Text nach einer Tierfigur von Friedrich Wolf benannt sein, jenem Specht, welcher der Möwe Leila auf die Beine, oder besser wieder zum Fliegen verhilft. Pit Pikus ist Jahrgang 1940, im Sächsischen geboren und zu DDR-Zeiten ein weitgereister Mann. Als Hochschullehrer für Staats- und Völkerrecht war er am Aufbau eines neuen Führungskaders in Mosambik und in Ostafrika beteiligt. Nach der Wende schlug er sich in den Branchen Werberecht und Marketing durch. Und entdeckte sein literarisches Talent, ein denkbar echtes. In Büchern wie „Mapumziko“, „Das schöne Land“ und „Das reiche Land“ verarbeitete er seine Welt- und Lebenserfahrung, dies freilich auf schöngeistige, im Falle seines jüngsten Buches „Lämmels Syndrom oder Die fünf Dimensionen der Wahrheit“ (2017) sogar tiefgründig lebensphilosophische Art. Trotzdem bleibt seine Schreibe elegant, sehr bildhaft und stets konkret, gut lesbar. Auch gut hörbar, wenn es auf Lesereise geht. Da sein Verlag Periplaneta fand, es sei in Berlin und anderswo der Lesungen genug, regte er eine solche vor Ort an. Und so geschah es kürzlich in Michendorfs Bücherei, die sich fortan „Kulturbibliothek“ nennen darf.
Wie er diesen Roman um einen Handelsvertreter (der mit einem Etwas hinter seiner Scheuerleiste um ein paar Brosamen willen einen Pakt eingeht) nicht alleine schrieb, so war auch bei dieser Lesung sein Co-Autor mit dabei, ein Fotograf und Dokfilmer namens Mark Uriona, der vor gut 40 Jahren zufällig in Maputo zur Welt kam, auch Jura studierte, um sich neben seiner journalistischen Arbeit im Staatsdienst/West als Redenschreiber zu verdingen. Nicht lange. Als er merkte, dass in der Politik Märchen erzählt, die als Fakten verkauft („in der Literatur ist es genau umgekehrt“) werden, wandte er sich ab. Jetzt gehört der Berliner zu den „Independenten“ unter den Journalisten. Ein Film über den kommenden Untergang der Pazifik-Insel Kiribati ist in Vorbereitung.
Pit Pikus jedenfalls ist froh, dass ihn seine Literatur nicht nähren muss. Umso lieber schreibt er seine Gedanken mit Leidenschaft, Altersweisheit und mit viel Humor auf. „Lämmel“ hält er für einen „surrealen Wahnsinnsroman über Realitäten und Ideale, über deren Vergänglichkeit und ein bisschen auch über den Samsa in uns“. Er muss es wissen, denn wie der promovierte Protagonist des Buches, also Lämmel, den Autoren schier die Feder führte, so kam dieser selbst in den Genuss, wortwörtlich „durchsehen“ zu lernen, was nicht folgenlos blieb. Um aber dieses kriegerische Etwas hinter der Scheuerleiste aus dem Haus zu treiben, erzählt er ihm Geschichten, die mit „wahr“ oder „falsch“ bewertet werden müssen. Irrt das Ding, so muss es sofort aus „Wildendorf“ verschwinden.
Mit diesem Roman macht Pikus die Suche nach seiner Lebenssumme am Begriff der Wahrheit fest. Sie hält er, mit Leonardo da Vinci, für eine „Tochter der Zeit“, zwar mit Ort und Grund, aber auch änderbar mit der Zeit, und durch diese. Arno Lämmel behauptet sogar, sie sei „fünfdimensional“ was Pit Pikus und Mark Uriona dann auch glasklar und ziemlich surreal beweisen. Gerold Paul
Pit Pikus, Mark Uriona: Lämmels Syndrom oder Die fünf Dimensionen der Wahrheit. Periplaneta Verlag 2017, 230 Seiten.
Gerold Paul
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