Von Tobias Reichelt: Der Tierhimmel auf Erden
Teltows Tierfriedhof erfreut sich wachsender Popularität, jetzt soll ein eigenes Krematorium entstehen
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Teltow - Es sieht aus, wie auf einem normalen Friedhof: Die Gräber sind von kleinen Buchsbaumhecken umrahmt, Blumen blühen in verschiedenen Farben und kleine Kerzen flackern in roten Plastikgehäusen. Trotzdem ist der Friedhof an den Teltower Hollandwiesen etwas Besonderes – vor den Grabsteinen liegen angebissene Gummitiere und Hundeknochen, die Steine selbst tragen Namen wie Ceytan, Duffy, Megi, oder Basko. Auf einigen sind Fotos angebracht, hier blickt ein tiefbrauner Labrador traurig in die Kamera, dort liegt ein Schnauzer friedlich auf dem Teppich vor einer Couch. Auf dem Friedhof an der Ruhlsdorfer Straße in Teltow sind keine Menschen, sondern Tiere begraben und es werden immer mehr.
„Tiere sind für viele ein wichtiges Familienmitglied“, erklärt Dirk Daßler, Mitgesellschafter der Teltower Tierhimmel GmbH. Nicht selten sei der Hund oder die Katze bei Älteren der letzte soziale Kontakt. Wenn das Tier sterbe, falle es schwer, den geliebten Dackel, die flauschige Perserkatze oder das Kaninchen zu einer Tierkörperverwertungsanlage zu schicken. „Dort enden sie als Schlachtabfall“, sagt Daßler trocken. Ihre Körper werden zerschreddert, bei 120 Grad abgekocht, das Fett für die Chemieindustrie abgeschieden und der Rest zu Tiermehl verarbeitet. „Wer will das schon für sein Tier?“, fragt Daßler – im Teltower Umland seien es immer weniger Menschen.
Seit achteinhalb Jahren gibt es den Tierfriedhof Tierhimmel in Teltow. Er war der erste seiner Art im Land Brandenburg. Auf dem etwa 7500 Quadratmeter großen Grundstück mit Zugang zu den Wanderwegen auf den Hollandwiesen sind heute rund 3000 Tiere begraben. Füllten sich die Grabstellen anfangs langsam, kommen jetzt etwa 600 Gräber pro Jahr hinzu. Fast die Hälfte der Fläche ist belegt. „Unsere Kunden kommen hierher, weil es schön ist und sie das Gefühl haben, dass ihr Tier hier richtig ist“, sagt Daßler, der auf Wunsch auch Grabreden hält. Wer sich an die Tierhimmel GmbH wendet, kann mit allem Service rechnen. Es gibt eine 24-Stunden-Notfallnummer und ein Bestattungswagen, der die Tiere zu HGause oder beim Tierarzt abholt und auf die letzte Reise nimmt. Auf dem Friedhofsgelände gibt es einen Kühlraum. „Jeder bekommt Zeit, um sich von seinem Tier zu verabschieden“, sagt Daßler.
Vor der Bestattung werden die toten Tiere im „Raum der Stille“ aufgebahrt. Auch eine Einäscherung ist möglich, die Auswahl der Urnen ist groß und bei Bedarf kann aus einem Teil der Asche ein Industriediamant gewonnen werden – einziger Nachteil: Zur Einäscherung müssen die Tiere generell in ein Krematorium bei Osnabrück gebracht werden. Das soll sich bald ändern. Der Tierhimmel plant den Bau eines eigenen kleinen Krematoriums. „Viele Kunden wollen bei der Einäscherung ihrer Tiere dabei sein“, erklärt Daßler. Der Bau sei bereits beantragt. Nachbarn müssten sich keine Sorgen über Geruchsbelästigungen machen. „Jede Heizanlage eines Familienhauses setzt mehr Schadstoffe frei.“
Wann das Krematorium gebaut wird, sei noch unklar. „Wir sind im Genehmigungsverfahren“ – das kann dauern. Allein sechs Jahre hatte man gebraucht, bis der Tierfriedhof genehmigt war. Davon ließ man sich jedoch nicht aufhalten. „Es ist unsere Philosophie, dass es für jeden möglich sein muss, sein Tier bestatten zu können“, sagt Daßler. Allerdings kostet das Geld: Die günstigste Beerdigung auf der anonymen Wiese schlägt mit 250 Euro zu Buche, inklusive ist die Pacht der Grabstätte für zwei Jahre. Mit dem Geld werden aber auch Grabstätten für die Tiere finanziert, die keine Familie mehr haben, sagt Daßler – wie Hunde aus dem Tierheim, oder Katzen die tot aufgefunden werden. „Auch sie bekommen hier einen Platz.“
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