Potsdam-Mittelmark: Der Waschbär macht Ärger in Werder Vögel müssen leiden, Obstplantagen noch unangetastet. Massive Zunahme im ganzen Kreis
Werder (Havel) - Im April fand es die am Plessower See in Werder lebende Familie noch ganz lustig: Eine Wachbärin hatte in einer Ecke des Geräteschuppens Nachwuchs bekommen. Die kuschligen kleinen Knopfaugen ließen sich von den menschlichen Nachbarn regelmäßig bewundern.
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Werder (Havel) - Im April fand es die am Plessower See in Werder lebende Familie noch ganz lustig: Eine Wachbärin hatte in einer Ecke des Geräteschuppens Nachwuchs bekommen. Die kuschligen kleinen Knopfaugen ließen sich von den menschlichen Nachbarn regelmäßig bewundern. Doch als ein paar Wochen später ein Amselnest im Garten ausgeraubt war und die Waschbären über Nacht auch noch die Meisenknödel klauten, die für Vögel aufgehangen waren, verständigte die Familie die Jagd- und Hegegemeinschaft Werder.
Zehn Tiere habe er auf dem Grundstück zur Strecke gebracht, so Jagdpächter Bernd Jaeneke. Das elfte ist wie durch ein Wunder aus der Falle entwischt. Die kleinen Nager sind geschickt – und fortpflanzungsfreudig. Kein Zweifel: der Waschbär ist auf dem Vormarsch. Brandenburgweit hat sich die Zahl der erlegten Tiere im vorigen Jahr um 23 Prozent erhöht. Auch in Potsdam-Mittelmark ist der Schupp jetzt ein Thema, so Torsten Fritz von der Jagdbehörde in Bad Belzig. Mit 340 Tieren habe die Jagdstrecke im vorigen Jahr ihren vorläufigen Höchststand erreicht. Ein Jahr zuvor waren es 248, vor zehn Jahren lediglich fünf.
Sie siedeln im Kreis vor allem an Flüssen, Seen und in Niederungen mit Grabensystemen. Im Hohen Fläming sei die Jagdstrecke geringer, wie Fritz erklärt. Der Waschbär bevorzugt das Wasser, da biete sich der Potsdam-nahe Raum an. Durch die dichte Besiedlung sei ein attraktives Nahrungsangebot zu finden, auf offenen Kompostierungen etwa oder in Obstgärten. Gerade im Werderaner Raum gebe es seit einigen Jahren Probleme.
Jagdpächter Jaeneke kann das bestätigen. Er kennt noch ein zweites aktuelles Beispiel aus der Stadt: Eine Bewohnerin mit einem Grundstück am kleinen Zernowsee habe sich kürzlich bei ihm gemeldet, als ihr Hund einen Waschbären angeschleppt hat. „Der Zernowsee war ja mal ein Vogeleldorado.“ Inzwischen habe das Gezwitscher aufgehört – wohl auch wegen der Waschbären, wie Jaeneke vermutet. Er ist froh, dass sich die Werderaner melden, wenn sie die Tiere sehen. „So können wir die Lage im Auge behalten.“ Das sei auch für die Obstplantagen und den Werderaner Weinberg wichtig, die bislang unangetastet blieben. Der Waschbär ist gern mal was Süßes.
Bei der Jagdbehörde gibt es bislang nur einzelne Meldungen von Schäden in Obstgärten. „Vor allem machen die nachtaktiven Räuber durch das Reißen von Hausgeflügel Probleme“, sagt Torsten Fritz. Die Kletterer machten es sich gern in unzureichend gesicherten Dachböden bequem. Grundstücksnutzern empfiehlt Fritz, nicht offen zu kompostieren und die Tiere nicht durch das gesetzwidrige Ausbringen von Küchenabfällen anzulocken. „Auch das Füttern von Katzen im Freien sollte vermieden werden.“
Gegen die Bestandszunahme könne die Jagdbehörde schwer vorgehen, die jagdrechtlichen Vorschriften sehen keine Abschussplanung für Waschbären vor. Es bleibe der Auftrag an die Jäger, im Interesse der Niederwildbesätze Waschbär aber auch Fuchs, Marderhund und Mink intensiv zu bejagen. „Es ist zu hoffen, dass die Aufwandsentschädigung für die Tollwutuntersuchung weiterhin als zusätzlicher Ansporn bereitsteht“, so Fritz: Seit 2011 können Waschbären zum Tollwutmonitoring beim Veterinäramt abgegeben werden kann, die Jäger erhalten pro Tier 18 Euro. Vorher wurde die Tollwutfreiheit im Lande nur anhand von Füchsen dokumentiert.
Waschbären stammen aus Nordamerika. Von Strausberg aus hatten sie ihren Siegeszug durchs Land angetreten, nachdem dort zum Ende des Zweiten Weltkriegs eine Bombe in eine Pelztierfarm eingeschlagen war. Als Mitte der 90er Tierschützer Pelztierfarmen zerstörten, ist die Zahl weiter gestiegen.
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